Pillen-Abo

Verhütung frei Haus aus Holland

Stuttgart - 14.07.2016, 19:00 Uhr

Einmal ein Rezept vorlegen und dann alle drei Monate die Pille per Post aus der holländischen Apotheke: Das Pillen-Abo macht es möglich. (Fotos: areeya_ann, peangdao, promesaartstudio / Fotolia)

Einmal ein Rezept vorlegen und dann alle drei Monate die Pille per Post aus der holländischen Apotheke: Das Pillen-Abo macht es möglich. (Fotos: areeya_ann, peangdao, promesaartstudio / Fotolia)


Werbung mit falschen Aussagen

Dieser Preisunterschied sei zum einen auf die höhere Mehrwertsteuer zurückzuführen. Sie liegt in den Niederlanden für Rx-Arzneimittel bei 6,0 Prozent in Deutschland sind es 19 Prozent. Zum anderen – und das sei viel ausschlaggebender – soll der mangelnde Wettbewerb in Deutschland verantwortlich sein, heißt es auf der Seite von pilleabo.de. Rx-Preiswettbewerb gibt es tatsächlich nicht. Aber dass große Apotheken und Hersteller dort den Markt und damit auch die Preise bestimmten, wie es auf der Seite behauptet wird, stimmt so nicht. Diese Aussage ist, zumindest was die Apotheken betrifft, im Rx-Bereich schlichtweg falsch. Im Gegensatz zu den Niederlanden, wo Apotheken im Prinzip Preise selbstständig unter Beachtung gewisser Regeln festlegen dürfen, haben deutsche Apotheken aufgrund der Rx-Preisbindung bei Kontrazeptiva keinerlei Gestaltungsspielraum. 

Dass die Praxisgebühr abgeschafft wurde, scheint zu den Betreibern der Apotheke nicht durchgedrungen zu sein. Denn sie wird ebenfalls als Argument herangeführt, die Pille auf diesem Wege zu beziehen.

Wer aufgrund dieser Aussagen und der stellenweise etwas holprigen Sprache („Vor- und Nachteile von die Spirale“ oder „überig“) nicht an der Seriosität des Angebots zweifelt, für den ist laut der Pressemeldung des Versenders das „Pillen-Abo ein zuverlässiges System, welches die nötige Antibabypille verlässlich nach Hause sendet.“ Dabei spare man sich zudem Geld sowie den „einen oder anderen Gynäkologen-Besuch“.

Gynäkologen raten ab

Bei den deutschen Gynäkologen stößt dieses Angebot auf wenig Gegenliebe. Dr. med. Christian Albring, Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte und niedergelassener Frauenarzt in Hannover, räumte zwar gegenüber DAZ.online ein, dass Wiederholungsrezepte im Einzelfall auch einmal ohne Arztgespräch ausgestellt würden. Dennoch sei es in der Frauenheilkunde wichtig, dass der persönliche Kontakt nicht verlorengeht und die Medikation regelmäßig hinterfragt wird. Spezielle Risiken, zum Beispiel ein erhöhtes Thromboserisiko durch Übergewicht oder Nikotinabusus, könnten dabei von den geschulten Ärzten thematisiert werden, erklärt der Gynäkologe. Ebenso wie Veränderungen wie Akne, Haarausfall, Kopfschmerzen oder ein verändertes Blutungsschema. Gegebenenfalls könne nach einer sinnvollen Alternative gesucht werden.

Dass Arzneimittel verschreibungspflichtig sind, ist in Albrings Augen kein Nachteil sondern eine Chance für die Gesundheit, die anderen Ländern aufgrund von strukturellen Unterschieden so nicht gegeben ist. Außerdem weist er auf die Möglichkeit hin, ab einem Alter von 20 Jahren hormonelle Verhütungsmittel für sechs Monate zu verordnen. Einmal im Jahr stehe ohnehin die Krebsfrüherkennungsuntersuchung an. 

Ein Sprecher der Bundesapothekerkammer verwies auf Anfrage von DAZ.online lediglich darauf, dass „die Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ohne jeweils gültiges Rezept verboten ist. Etwaige Risiken einer solchen Abgabe sind Apothekern zweifelsohne bekannt.“



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


Diesen Artikel teilen:


8 Kommentare

Öfter als alle 6 Monate

von Melanie am 18.07.2019 um 17:09 Uhr

Dieser Artikel lässt vollkommen außer Acht, dass Frauen, die die Pille durchnehmen, bzw. zum Beispiel im 9Wochen Rhythmus nehmen, öfter als 2 mal im Jahr zum Arzt müssen. Wie im Artikel beschrieben ist eine Kontrolluntersuchung im Jahr wichtig. Wieso also nicht die Pille für ein Jahr verschreiben?

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Öfter als alle 6 Monate

von Nicole Rösner am 17.09.2019 um 1:55 Uhr

Sehr auffällig ist, dass alle Frauen, die auf diesen Bericht geantwortet haben, für das Pillen-Abo sind, und alle Männer dagegen. Gegen die Selbstbestimmung der Frauen!!

Männer sollten zu diesem Thema das Maul halten, und lieber jedes halbe Jahr beim Urologen ihre Prostata abtasten lassen. Welcher Mann macht denn das??!!

Vielleicht wollen die Männer, die hier einen negativen Kommentar gegen das Pillenabo abgegeben haben, auch nicht, dass Frauen selbstbestimmt verhüten, und über ihre Sexualität selbst bestimmen. Das soll besser ein Frauenarzt, am besten männlich, für sie entscheiden. Weil Frauen anscheinend zu dumm sind, um über ihren Körper und ihre Vergütungsmaßnahmen selbst zu bestimmen. Paragraph 218 lässt grüßen!!!

Unwissende Kommentare

von Marlene am 09.10.2016 um 13:43 Uhr

Das man in Deutschland alle 6 Monate einen Termin braucht ist reine Geschäftemacherei. Etliche Frauenärzte geben das auch zu. In anderen Ländern reichen Kontrolltermine alle 2-3 Jahre aus, und wenn man Probleme hat geht man hoffentlich ohnehin zum Arzt. Diese unnützen Kontrolltermine entsprechen nicht dem Stand der modernen Medizin. Zudem, wer hat Zeit alle sechs Monate stundenlang im Wartezimmer zu sitzen für 3 Standardfragen und ein Rezept? Tatsache ist, diese unsinnigen Vorgaben führen dazu, dass Frauen auf die Versandapotheken ausweichen. Weitaus sinniger wäre es, die Untersuchung wie in anderen Ländern an den Gesundheitscheck zu koppeln und das Rezept unabhängig davon auszustellen. Zum Vergleich möchte ich dazu gerne anmerken, dass Rezepte für weitaus risikoreichere Medikamente (zum Beispiel Blutdrucksenker) ebenfalls von den meisten Hausärzten nach einer Erstuntersuchung ohne laufende Folgeuntersuchungen problemlos weiter ausgestellt werden, solange der Patient keine Veränderung seines Zustands feststellt.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Pilleabo

von Thomas Bsonek am 15.07.2016 um 15:51 Uhr

Man möge sich die Seite mal anschauen:
Ellaone im Abo?
Paracetamol für 10,-€?
Soviel zu pharmazeutischer Kompetenz und günstigen Hollandpreisen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Pillenversand im Abo?

von Heiko Barz am 15.07.2016 um 11:36 Uhr

Abgesehen von den illegalen und strafbewerten Fehlhandlungen dieses seltsamen Apothekenformates, das in Holland vielleicht gesetzeskonform ist, sollte das deutsche Gesundheitswesen hier aber wirklich zum Schutze der Frauen die rote Karte zeigen.
Es geht hier um hochwirksame Hormonarzneimittel, deren Überwachung zum Schutz vor unübersehbaren Nebenwirkungen nicht zu Unrecht verschreibungspflichtig sind.
Diesen diffusen Versandfirmen geht es nur um die Bedienung des Frauenklientels, das gern "gepampert" wird, sich Alles nach Hause bringen, den unangenehmen Arztbesuch vermeidet und sich auch noch durch billige Preise verführen läßt.
Über die bei uns viel zu hohe MWST, die eigentlich ausgesetzt werden müßte, braucht hier nicht mehr diskutiert zu werden.
Durch die gewissenlosen Antreiber dieser obskuren Vertriebsapos werden natürlich auch eventuelle und folgenschwere Krebserkrankungen ( Gebärmutterhals und Brust ) oft viel zu spät oder gar nicht erkannt.
Wenn so etwa unser täglich Brot sein sollte, dann sind doch "ARMIN" und ähnliche Zukunftskonstrukte nicht die Zeit und die Mühe wert, die schon eingesetzt worden ist.
Vielleicht sollten sich unser " Führungsetagen " mit dem Europa um uns herum einmal intensiver beschäftigen, denn das, was von UNS gesetzlich und strafbewehrt verlangt wird, ist anscheinend im UMUNSHERUMEUROPA kaum relevant.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Pillenabo

von Andreas Tollmann am 15.07.2016 um 9:27 Uhr

Ich denke, dass hier geltendes deutsches Recht mißachtet wird. Das Rezept wird zur Einmalverordnung von einem deutschen Arzt ausgestellt . Hätte er anderes im Sinne, müsste er es vermerken. Das Gleiche gilt für ein Kassenrezept, welches nach 4 Wochen nicht mehr gültig ist, obwohl Rezepte generell 3 Monate gültig sind. Man darf aber das Kassenrezept nach vier Wochen nicht als Privatrezept behandeln, da der Arzt davon ausgegangen ist, dass es nur vier Wochen gültig ist !! Eventuell sollten die Ärzte vermerken, dass nur die Einmalige Verordnung erwünscht ist !

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Seit wann?

von Christian Becker am 19.07.2016 um 9:07 Uhr

Seit wann darf man Kassenrezepte nach 4 Wochen nicht mehr als Privatrezepte behandeln?
Ob diese Regelung vielleicht sinnvoll wäre, ist hier nicht die Frage, aber mir ist nicht bekannt, dass es als "Abgabe ohne Rezept" geahndet werden könnte, wenn man das Arzneimittel später abgibt.

Falschaussagen

von Sven Larisch am 14.07.2016 um 19:05 Uhr

Können Falschaussagen im Rahmen der EU nicht auch zur Anzeige gebracht werden?
Wenn schon EU dann richtig!
Und ja - der Staat verdient eine Menge (19%!) an den Medikamenten in Deutschland- Pornohefte sind nur mit 7% zu versteuern (Druckerzeugnisse) - da stellt sich die Frage ob der Finanzminister sich diese lukrativen Einnahmen durch die Medikamente jemals durch die Lappen gehen lassen möchte :-)
Und Kontrazeptiva sind Arzneimittel- keine Schokodrops. Also liebe Frauen - geht doch bitte zum Arzt wegen möglicher Nebenwirkungen. Dann könnt ihr auch da ein aktuelles Rezept holen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.