EX-IQWiG-Chef

Was macht eigentlich... Peter Sawicki?

Köln - 13.07.2016, 07:00 Uhr

Streitbarer Mediziner: Peter Sawicki. Nicht alle haben sein Aus beim IQWiG bedauert. (Foto. DAZ)

Streitbarer Mediziner: Peter Sawicki. Nicht alle haben sein Aus beim IQWiG bedauert. (Foto. DAZ)


Der IQWiG-Chef: Kompromisslos und politisch umstritten

Politisch war der streitlustige Pharmakritiker wegen seiner kompromisslosen Haltung schnell umstritten. Kritiker bezeichneten sein Auftreten als selbstherrlich und arrogant, die von ihm propagierte Methodik als wirklichkeitsfern. Im von einflussreichen Lobbygruppen beherrschten Gesundheitswesen ist es nicht schwer, sich Feinde zu machen. Sawicki gefiel sich besonders in seiner Rolle als Störfaktor und Dorn im Auge mächtiger Wirtschaftsvertreter. Er solle doch etwas diplomatischer sein, riet ihm die ehemalige Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt einmal. Aber Sawicki übersetzte diplomatisch mit bequem und das wolle er nicht sein.

Am Ende war es wohl auch seine mangelnde politische Geschmeidigkeit, die ihm zum Verhängnis wurde. Offiziell ging es um Spesenabrechnungen. Sein Vertrag wurde 2010 nicht verlängert, der SPIEGEL nannte es eine Intrige.

Um seine Abberufung gab es erneut viel Lärm, nicht zuletzt, weil einige Kommentatoren die Gründe für vorgeschoben hielten. Sawicki selbst reagierte gekränkt. „Ich war naiv“, ließ er sich in Interviews zitieren, „ich dachte damals, dass die verschiedenen Gruppen im Gesundheitssystem – die Ärzte, die Krankenhäuser, die Versicherungen – vor allem im Sinne der Patienten agieren. Ich musste lernen, dass es diesen Vertretern immer erst um ihre eigenen Interessen geht, um die Verteilung der 300 Milliarden im System...“, sagte er zum Beispiel SPIEGEL ONLINE. Vor allem, dass seine Abberufung einstimmig erfolgte, tat ihm weh.

Tragende Rolle im AMNOG-Prozess

Das 2011 eingeführte AMNOG bezeichnete er als ungeeignet für die Nutzenbewertung. Zu einem so frühen Zeitpunkt einer Prüfung könne noch nicht beurteilt werden, wie sich ein Mittel im Alltag auswirkt. Gleichwohl erwiesen sich das Gesetz zur Begrenzung der Arzneimittelausgaben und die darin verankerte Nutzenbewertung als Grundlage für die Preisbildung von Medikamenten, durchaus als scharfes Schwert. Deutschland ist seine Stellung als europäischer Spitzenreiter bei den Arzneimittelpreisen los – und kämpft inzwischen mit Lieferengpässen.

Auch im AMNOG-Verfahren zur Nutzenbewertung hat das IQWiG eine wichtige Rolle. Das Institut gibt Empfehlungen an den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), das oberste Beschlussgremium der Medizinischen Selbstverwaltung ab, und wieder agiert das Kölner Institut dabei nicht unumstritten. So bemängelten in einer aktuellen Erhebung des IGES- Instituts die am Anhörungsprozess beteiligten Experten fehlende Transparenz im Umgang mit ihren Stellungnahmen. Die konsultierten medizinischen Fachgesellschaften kommen nicht selten zumindest in Teilbereichen auch zu abweichenden Positionen.

Ex-IQWiG-Chef Sawicki hat sich vom öffentlichen Streit um Wirksamkeit und deren Messung zumindest für den Moment weitgehend zurückgezogen. Er mache nun das, was er gelernt habe, sagt er, er praktiziere als Arzt, unterrichte Studenten, forsche. Unter anderem am Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie der Uni Köln (IGKE), dessen Direktor sein politischer Mitstreiter Karl Lauterbach ist. Öffentliche Sticheleien oder kämpferische Reden sind selten geworden. Bis auf 2013. Da juckte es den ehemaligen Pharma-Aufseher noch einmal in den Fingern – er verfasste das  Vorwort zur deutschsprachigen Ausgabe eines Bestsellers  seines britischen Mediziner-Kollegen Ben Goldcare mit Namen „die Pharma-Lüge“.



Sabine Rössing, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Prof. Sawicki

von Samantha Zinowsky am 04.09.2016 um 12:13 Uhr

Endlich gab es jemand, der sich ehrlich und leidenschaftlich dafür einsetzte, dass verordnete Medikamente wirklich dem Patienten nutzten und dass mit dem Geld des Gesundheitssystems wirtschaftlich umgegangen wurde! Aber dem wird einen Maulkorb verpasst - das ist eine Schande!
Aber was soll's? Lasst uns weiterhin Medikamente schlucken ohne ihren Sinn, Wirksamkeit oder Wirtschaftlichkeit zu hinterfragen! Der Arzt wird schon wissen was er verordnet - schließlich hat ein Pharmavertreter es hochgelobt! Und außerdem, wenn's neu und teuer ist muss es ja ein gutes Medikament sein, oder?
Glückwünsche an die Patienten in Duisburg, die jetzt einen ehrlichen Arzt haben, der sich die Zeit nimmt sinnvolle Therapiepläne mit Ihnen auszuarbeiten anstelle lediglich Rezepte auszustellen!

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sawicki

von Alexander Zeitler am 14.07.2016 um 5:25 Uhr

muss und wirklich interessieren, was aus dem geworden ist?
ist doch gut, dass man von dem stänkerer nix mehr hört

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