Peinliche Panne bei Sanacorp

Der 70-Seiten-Fax-Horror

Hamburg - 07.07.2016, 15:21 Uhr


Eigentlich wollte eine Mitarbeiterin der Apotheken-Genossenschaft Sanacorp nur eine Einladung für ein Seminar verschicken. Stattdessen bekamen zahlreiche Empfänger eine ausführliche Datenbank über die Kunden der Genossenschaft zugeschickt. Das Unternehmen zeigt sich bestürzt - und in den Grundfesten erschüttert.  

„Die Mitarbeiterin hat einfach auf den falschen Knopf gedrückt“, erklärt ein Sprecher des Pharma-Großhandels Sanacorp, der ältesten Apotheker-Genossenschaft Deutschlands. So klein die Ursache, so groß die Folgen: Über 70 Seiten spuckten die Fax-Geräte zahlreicher Apotheker im Norden Deutschlands, in der Region Hamburg und Bad Segeberg, aus. Denn die Mitarbeiterin hatte nicht nur die Einladung zu einem Seminar verschickt, sondern versehentlich auch eine Excel-Tabelle angehangen, in der eine Vielzahl sensibler Daten der Sanacorp-Kunden vermerkt waren.

Umsatzzahlen finden sich dort, Daten über Bestellungen und auch BtM-Nummern der Apotheker oder wie viele Anteile wer an der Genossenschaft Sanacorp hält - sowie viele individuelle Daten mehr. „So eine Panne ist in der Unternehmensgeschichte noch nicht passiert“, sagt der Sprecher. Direkt nachdem man von einem Kunden informiert worden sei, habe man die Aussendung gestoppt. „Als Genossenschaft haben wir eigentlich ja ein besonderes Verhältnis zum Datenschutz“, sagt der Sprecher und erklärt das große Bedauern, das man für diese Panne empfinde. „Der Vorfall ist für uns eine echte Katastrophe. Wir sind in den Grundfesten erschüttert.“

Wie viele Kunden genau betroffen sind, kann der Sprecher nicht sagen, jedoch sei eine größere Zahl der Sanacorp-Mitglieder im Norden darunter gewesen. Direkt nach Bekanntwerden der Panne habe man alle Betroffenen angerufen und auch ein Entschuldigungsschreiben verschickt. Beschwerden habe es aber hauptsächlich darüber gegeben, dass die Faxgeräte über einen langen Zeitraum blockiert waren und mit über 70 Seiten enorme Mengen an Papier verbraucht hätten, sagt der Sprecher. Ob es allein dafür schon eine Entschädigung an die Betroffenen geben soll, darüber werde in den entsprechenden Gremien noch diskutiert. Dabei geht es auch um die Frage, ob nun datenschutzrechtliche Konsequenzen befürchtet werden müssten.


In Zukunft nur noch Vier-Augen-Prinzip

„Wir haben den Vorfall aber sofort eingestanden und bedauern das sehr“, sagt der Sprecher. Es sei ein Fall menschlichen Versagens gewesen. Das Unternehmen hat darüber hinaus bereits Konsequenzen für die Zukunft gezogen. „Wir haben das Mensch-Maschine-Verhältnis nun verbessert“, sagt der Sprecher. Im Vier-Augen-Prinzip sollen nun alle Aussendungen in Zukunft von mindestens zwei Personen kontrolliert werden, damit nie wieder sensible Daten an die falschen Adressaten geraten könnten.

Dass nun Termine für Seminare und anderes durch die Umstellung des Versand-Prozederes verschoben werden müssten, sei nicht zu befürchten, sagt der Sprecher. Da es für die meisten Veranstaltungen eine Vorlaufzeit von sechs bis acht Wochen gebe, gebe es damit keine Probleme.

Genossenschaft mit rund 8000 Apothekern als Mitglieder

Die Genossenschaft Sanacorp hat nach eigenen Angaben rund 8000 Mitglieder und verweist auf 90 Jahre Unternehmensgeschichte. Heute fungiert die apothekereigene Genossenschaft als Muttergesellschaft für eine Pharmaholding-Aktiengesellschaft, die wiederum an Pharmahandelsgesellschaften in Deutschland, Italien, Frankreich und Belgien beteiligt ist.

Das operative Pharmahandelsgeschäft in Deutschland betreibt die Sanacorp Pharmahandel GmbH mit nach eigenen Angaben 16 Standorten in Deutschland, 3000 Mitarbeitern und rund 8000 Apotheken als Kunden. Der von Sanacorp angegebene Jahresumsatz im Jahr 2014 betrug 4,1 Milliarden Euro.



Volker Budinger, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Versehentlich?

von Armin Spychalski am 08.07.2016 um 12:14 Uhr

Wie kann ich denn versehentlich einen Anhang auswählen, der dann auch noch ein ganz anderes Dateiformat hat? Dabei unterstelle ich, dass die Seminareinladung nicht mit Excel o.ä. erstellt wurde. "Einen Knopf drücken" muss ich erst im Anschluss an diese Prozedur. Zum Datenschutz im Unternehmen: Muss denn jemand, der sich um Seminare kümmert, die Verfügungsgewalt über sensible Daten haben? Oder ist die Dame aus dem Vorstand?

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