AOK-Chef Christopher Hermann

Das Retax-Gebaren einiger Klein-Krankenkassen ist bedauerlich

Berlin - 07.07.2016, 13:00 Uhr

Warum nur? Christopher Hermann, Chef der AOK Baden-Württemberg, hat kein Verständnis für Null-Retaxationen wegen Formfehlern. (Foto: dpa)

Warum nur? Christopher Hermann, Chef der AOK Baden-Württemberg, hat kein Verständnis für Null-Retaxationen wegen Formfehlern. (Foto: dpa)


Form-Retax hätte es bei der AOK Baden-Württemberg nicht gegeben

DAZ.online: Apropos „Belastung für Apotheker“. Was halten Sie vom Retax-Konsens zwischen dem GKV-Spitzenverband und dem DAV?

Hermann: Zunächst einmal halte ich es für bedauerlich, dass es aufgrund des absurden Gebarens weniger Klein-Krankenkassen überhaupt soweit kam. Ich sehe nicht, dass unsere Zusammenarbeit mit den Apothekerinnen und Apothekern in der Vergangenheit weitgehend problembelastet war. Wir sind stets um einen partnerschaftlichen Dialog mit den Apothekern bemüht und bekommen das auch oft so bestätigt.

DAZ.online: Die AOK Baden-Württemberg kennt also keine Null-Retaxationen wegen Formfehlern?

Hermann: Wir hatten und haben keinerlei Interesse daran, Vergütungen wegen Kleinigkeiten auf Null zu setzen. Allerdings stellt manches, was als „Formfehler“ ins Spiel gebracht wurde, aus unserer Sicht schon etwas mehr dar. Die Grenze ist dann erreicht, wenn gesetzliche oder vertragliche Vorgaben verletzt werden und die Sicherheit unserer Versicherten potenziell gefährdet wird. Was da in der Arzneimittelgesetzgebung Niederschlag gefunden hat, hat schon seinen absoluten Sinn und hier muss es auch Sanktionsmöglichkeiten außerhalb des berufsständischen Rechts oder gar des Strafrechts geben.

DAZ.online: Die AOK Baden-Württemberg steuert die Versorgung im eigenen Land bekanntlich gerne selbst – durch Selektivverträge mit Ärzten. Warum gibt es solche regionalen Einzelverträge noch nicht mit Apothekern?

Hermann: Das Sozialrecht räumt den Landesapothekerverbänden bislang das Vertragsmonopol ein. Anders als bei Vertragsärzten ist daher derzeit kein Apotheken-Selektivvertrag denkbar. Die AOK Baden-Württemberg kann sich aber durchaus vorstellen, einzelne Apotheken, die für ein „Mehr“ an Leistungen stehen, in vernetzende Selektivverträge einzubinden. Die Einbindung von Apotheken macht dann Sinn, wenn dies in unsere alternative Regelversorgung passt und die rechtlichen Grundlagen gegeben sind.

DAZ.online: Aus Sicht einiger Kassenaufsichten sind diese rechtlichen Grundlagen für pharmazeutische Dienstleistungen derzeit nicht gegeben

Hermann: Die AOK Baden-Württemberg steht für Qualität und Wettbewerb. Das eine ist nicht ohne das andere zu haben. Würde der Gesetzgeber diese Regelungslücke schließen, sind wir sofort für versorgungsoptimierende Vorschläge offen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

Dr. Christof Hermann

von Alexander Zeitler am 08.07.2016 um 21:15 Uhr

Sehr lesenwert, was unser ehemaliger "Feind" so sagt.
Die Hand der AOK sollten wir ergreifen.
Da wird sicher wieder ein ABDA- Mann oder unser sogenannter Gesundheitsminister dazwischenfunken.

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