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AOK-Chef Christopher Hermann
Das Retax-Gebaren einiger Klein-Krankenkassen ist bedauerlich
Kritik an Exklusiv-Aussschreibungen
DAZ.online: Thema „Rabattverträge“. Warum schreibt die AOK immer noch die meisten Wirkstoffe exklusiv aus?
Hermann: Mehrfachvergaben funktionieren nur unter bestimmten Voraussetzungen am Markt. Wenn Sie beispielsweise nur drei Anbieter für einen bestimmten Wirkstoff im Markt haben, erübrigt sich eine Ausschreibung im Dreipartnermodell von selbst. Und wenn der Markt ein Dreipartnermodell zulässt, ziehen wir, wenn möglich, das Exklusivmodell vor. Zum einen bietet nur dies verlässliche Mengenkalkulationsgrundlagen für die Hersteller – vor allem wichtig für kleine und mittlere Unternehmen – andererseits erhöht es die Kontinuität der Versorgung. Versicherte können sich so darauf verlassen, dass ihr Medikament über die gesamte Vertragslaufzeit das gleiche bleibt.
DAZ.online: Ähnlich viel Kritik müssen Sie sich wegen der Impfstoffausschreibungen gefallen lassen. Warum geben Sie da nicht nach?
Hermann: Lieferausfälle bei Impfstoffen sind ein globales Thema, das auch Länder betrifft, in denen es überhaupt keine Ausschreibungen gibt. Die Ursachen sind vielfältig und nicht auf Floskeln zu reduzieren. Bezeichnend: Was hat die Bundesregierung seinerzeit getan, um die Versorgung mit Influenzaimpfstoffen im Zusammenhang mit der gefürchteten Schweinegrippen-Pandemie sicherzustellen? Sie hat exakt das getan, was nun bei den Krankenkassen die Versorgung gefährden soll: Sie hat einen Vertrag mit einem Impfstoffanbieter zu Preis und Verfügbarkeit der Influenzaimpfstoffe geschlossen.
DAZ.online: Sie haben sich das Modell dieser Ausschreibungen also einfach nur abgeguckt?
Hermann: Die Globalisierung der Impfstoffversorgung erfolgte in wesentlichem Umfang vor bereits rund zwanzig Jahren. Heute werden die verfügbaren Impfstoffe dorthin geliefert, wo die Abnahme vertraglich am besten abgesichert ist. Das hatte auch die Regierung seinerseits erkannt. Rabattverträge der Krankenkassen nun als Ursache für globale Lieferprobleme zu verkaufen – hier hat die Pharmalobby ganze Arbeit geleistet.
Sechs Monate Vorlaufsfrist? Für uns kein Problem...
DAZ.online: Trotzdem will die Bundesregierung am Rabattvertrags-System etwas ändern. Unter anderem ist eine sechsmonatige Vorlaufsfrist geplant. Was halten Sie davon?
Hermann: Zu lange Vorlaufzeiten für Rabattverträge können dazu führen, dass am Markt vorbei ausgeschrieben wird. Deshalb spricht vieles gegen eine zu lange und starre Vorlaufzeit. Die AOK-Gemeinschaft legt allerdings seit Jahren großen Wert auf eine angemessene Vorlaufzeit. Sechs Monate zwischen Versand der vergaberechtlichen Vorabinformation – ab diesem Zeitpunkt weiß der pharmazeutische Unternehmer, dass er für den Zuschlag vorgesehen ist – und dem Einsetzen der strafbewehrten, vertraglichen Lieferverpflichtung, ist für uns kein Problem.
DAZ.online: An dieser Stelle haben Sie also keine Einwände gegen die Ergebnisse des Pharmadialogs?
Hermann: Wichtig ist es, die Regelung so auszugestalten, dass sie Generikaanbietern nicht die Möglichkeit eröffnet, sie für solche Nachprüfungsverfahren zu missbrauchen, um Anschlussverträge zu verzögern und so auch Apotheken und Versicherte mit vertragsfreien Zeiten und den damit einhergehenden „Interims-Substitutionen“ zu belasten.
1 Kommentar
Dr. Christof Hermann
von Alexander Zeitler am 08.07.2016 um 21:15 Uhr
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