Blutsauger in Deutschland

Wissenschaftler im Kampf gegen Stechmücken

Berlin - 30.06.2016, 08:00 Uhr

Besorgte Mücken-Forscherin: Doreen Walther vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) in Müncheberg. 

Besorgte Mücken-Forscherin: Doreen Walther vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) in Müncheberg. 


Trifft eine Mücke dann auf ein passendes Virus, kann es schnell gehen

Anders als viele andere Arten ist die Tigermücke anthropophil - sie ernährt sich bevorzugt von Menschenblut. Und wie der Mensch ist auch sie tagaktiv. Das macht sie als Überträger von Krankheitserregern besonders gefährlich.

Hinzu kommt: Die Tigermücke passt sich unseren Klimabedingungen immer besser an. Der aus den Tropen stammende Flieger kann sogar eine einzelne Winternacht bei bis zu minus zehn Grad Celsius überleben. «Eine längere Kälteperiode würde uns im Kampf gegen die Tigermücke sehr helfen», sagt Helge Kampen. Die globale Klimaerwärmung aber macht es für diese Mückenart einfacher, sich in eigentlich gemäßigten Wetterzonen anzusiedeln.

Wissenschaftler befürchten, dass die Tigermücke neben Dengue-, Chikungunya- und West-Nil-Viren noch weitere Erreger übertragen kann.
„Letztlich ist es eine Wahrscheinlichkeitsrechnung, ob ein Virus über Mücken verbreitet wird“, sagt Tannich. Die Gefahr einer epidemischen Ausbreitung wird umso wahrscheinlicher, je größer eine Mückenpopulation ist und je enger sie mit Menschen zusammen lebt. 

Trifft eine Mücke dann auf ein passendes Virus, kann es schnell gehen: Als 2007 in Norditalien über 200 Personen mit dem Chikungunya-Virus infiziert wurden, ließ sich der Ausbruch auf eine einzelne Person zurückführen – einen Reisenden aus Indien.

Allerdings ist das Zeitfenster sehr begrenzt, in dem der Blutsauger Erreger weitergeben kann: Bis zu zwei Wochen dauert es, bis die Mücke eine infizierte Blutmahlzeit verdaut hat und das Virus über den Speichel auf den Menschen übertragen kann. „Eine Mücke wird im Schnitt aber nur drei Wochen alt“, sagt Tannich.

In ihren Hochsicherheitslaboren untersuchen Tannich und Kampen auch, unter welchen Umständen sich Viren in Mücken entwickeln. Dazu füttern sie Labormücken mit infiziertem Blut. Im Mückenspeichel prüfen sie dann, ob sich der Erreger in dem Insekt ausbreiten kann. „So haben wir festgestellt, dass die Gemeine Hausmücke zumindest theoretisch das West-Nil-Virus übertragen kann“, sagt Tannich. 

Es wird nicht die letzte Überraschung sein, glauben die Forscher. Steht man den invasiven Mücken in einer globalisierten Welt also machtlos gegenüber? Einerseits ja, weil man ihnen kein Einreiseverbot geben kann. Andererseits müsse man die Entwicklung beobachten und Populationsherde möglichst früh auslöschen, um eine Ausbreitung zu verhindern. Darin sind sich die Wissenschaftler einig.

Dabei helfe es schon, stehendes Wasser etwa in Blumenvasen oder Vogeltränken zu vermeiden. In der Freiburger Gartenkolonie hat man die Population der Asiatischen Tigermücke mittlerweile eingedämmt. Ob das genügt, kann Kampen nicht sicher sagen: Auch bei einer einzigen Mücke bleibt ein Restrisiko bestehen.“

Von Annnika Middeldorf, dpa



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