Ex-ABDA-Präsident auf Rente

Was wurde eigentlich aus Heinz-Günter Wolf?

Berlin - 21.06.2016, 19:00 Uhr

Blick zurück: Nach einer ereignisreichen Laufbahn widmet sich der ehemalige ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf nun hauptsächlich seiner Familie und seinem Heimatort. (Foto: dpa)

Blick zurück: Nach einer ereignisreichen Laufbahn widmet sich der ehemalige ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf nun hauptsächlich seiner Familie und seinem Heimatort. (Foto: dpa)


Fast vier Jahre ist es nun her, dass Heinz-Günter Wolf als ABDA-Präsident abdankte. Der Verband hat sich seitdem verändert, und auch Wolf widmet sich mehr dem Privaten. Ganz ohne ABDA geht bei ihm aber nicht, wie er verriet. An Sitzungen nimmt er regelmäßig teil - mit einer wichtigen Einschränkung.

Errungenschaften und Niederlagen - was ist unter Wolf passiert?

Sieben Jahre war Wolf als ABDA-Präsident tätig. 2005 wurde er erstmals als Präsident gewählt, 2009 im Amt bestätigt. In Niedersachsen gehörte der gebürtige Cuxhavener sogar noch länger zu Spitze der Standesvertretung: Zwischen 1989 und 2013 war er dort Vorsitzender des Landesapothekerverbandes. Im Jahr 2011 übernahm Wolf dann die einjährige Führung des Zusammenschlusses der Apotheker in der Europäischen Union (PGEU).

In Wolfs Amtszeit fallen viele Errungenschaften für die Apotheker, aber auch einige Niederlagen. Gleich zu Beginn seiner ersten Amtsperiode musste Wolf die Apotheker auf die Auswirkungen des von der rot-grünen Bundesregierung beschlossenen GKV-Modernisierungsgesetzes vorbereiten. Mit dem Gesetz hatte der Gesetzgeber damals den Versandhandel mit Arzneimitteln in Deutschland erlaubt. Später sagte Wolf, damit seien die „Grundlagen für Verwerfungen in der Arzneimittelversorgung“ gelegt worden. Kurz nach der Verabschiedung des Gesetzes lieferte sich Wolf damals einen Streit mit den neu etablierten Versandapotheken über die Mitgliedschaft in den Apothekerkammern.

Nicht als Klugscheißer wahrgenommen werden

Ein Jahr nach seiner Ernennung bereitete der Gesetzgeber der ABDA erneut Kopfschmerzen. Mit dem Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz (AVWG) wurden Naturalrabatte komplett abgeschafft. Bis dahin konnten Apotheken kostenlose Arzneimittel-Packungen annehmen und sie zum vollen Listenpreis weiterverkaufen. Einen ersten großen Lobby-Erfolg konnte Wolf im Zuge des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) verbuchen. Der ABDA gelang es, im letzten Moment eine Höchstpreisverordnung zu verhindern, die die gesamte Apothekervergütung auf den Kopf gestellt hätte.

Der politische Höhepunkt in Wolfs Karriere war sicherlich das Verfahren am Europäischen Gerichtshof (EuGH) zum Fremdbesitzverbot. Der damalige saarländische Gesundheitsminister Josef Hecken hatte DocMorris damals erlaubt, eine Apotheke in Saarbrücken zu eröffnen. Es folgte ein langwieriges Gerichtsverfahren mit einem wegweisenden Urteil, das den Apothekenmarkt in seiner Beschaffenheit bewahrte. Die Bundesregierung begrüßte damals die Entscheidung der Richter – nicht zuletzt dank des Einsatzes der ABDA und Heinz-Günter Wolf. Noch heute hört man aus den Abgeordnetenbüros des Bundestages, dass Wolf zu jener Zeit fast tägliche Termine mit Gesundheitspolitikern wahrnahm, um jedes Mal wieder die gleiche leidenschaftlich vorgetragene Brandrede über Großkonzerne in der Arzneimittelversorgung zu halten.

Ganz losgelassen haben Wolf diese Ereignisse nicht. „Ich bin weiterhin mit Kopf und Seele dabei“, sagt der Ex-ABDA-Präsident heute. 2014 wurde Wolf zum Ehrenpräsidenten der ABDA ernannt und darf daher nach wie vor an vielen Sitzungen der ABDA-Spitze teilnehmen – ohne Stimmrecht. Diese Möglichkeit nutzt Wolf und fährt weiterhin oft nach Berlin. „Meine Situation dort ist für mich sehr komfortabel. Ich habe mir immer vorgenommen, nach meinem Ausscheiden nicht als Klugscheißer wahrgenommen zu werden. Deswegen verfolge ich alles mit großem Interesse und gebe zu gegebener Zeit auch meine Meinung kund.“

Ärger über Rx-Boni, Freude über Schmidt

Auch über aktuelle politische Themen kann Wolf sich noch aufregen. Jüngstes Beispiel ist die Argumentation des Generalanwalts des EuGH zum Thema Rx-Boni. „Da geht mir der Blutdruck in die Höhe. Seine Argumentation liest sich wie ein wahnsinniger Lobby-Erfolg der großen Handelskonzerne. Diese Konzerne sind sehr gefährlich für uns, denn sie haben mehr Kapital. Dabei haben sie keinerlei gesundheitliche oder sozio-demographische Expertise.“

Grundsätzlich gelte für ihn inzwischen aber: „Erst die Familie und Hemmoor, dann die ABDA.“ Wolf kümmert sich viel um seine drei Kinder und fünf Enkelkinder, pflegt seinen Garten und reist gerne mit seiner Frau. Allzu lange hält er es aber nicht in der Ferne aus, weil er nach seiner ABDA-Präsidentschaft eine neue, große Leidenschaft gefunden hat: Wie ein Kommunalpolitiker setzt er sich für seine Heimatstadt Hemmoor ein. Er organisiert und steuert beispielsweise weiterhin die Geschäfte des Gesundheitszentrums in dem niedersächsischen Ort. Ende der 1970er Jahre hatte Wolf das Zentrum gemeinsam mit zwei Ärzten aufgebaut, heute ist es ein zentraler Anlaufpunkt für alle Nachbarorte, mit zahlreichen Arztpraxen.

Wolf-Apotheke an Ex-Mitarbeiter verkauft

Auch die von Heinz-Günter Wolf gegründete Wolf-Apotheke ist weiterhin Teil des Gesundheitszentrums. Nach seinem Ausscheiden bei der ABDA teilte Wolf seinen Mitarbeitern mit, dass er auch die Offizin verkaufen wolle. Ein ehemaliger Mitarbeiter von ihm entschloss sich dazu, die Apotheke zu übernehmen. Wolf pflegt daher weiterhin ein sehr enges Verhältnis zu seinen ehemaligen Kollegen. „Aus dem operativen Geschäft halte ich mich aber raus“, sagt er.

Nebenbei engagiert sich Wolf auch noch als Schriftführer im Förderverein Naturmuseum Niederelbe und als Vorsitzender des Fördervereins seines ehemaligen Gymnasiums. „All Business is local“, sagt Wolf. Und weiter: „Mir ist es sehr wichtig, dass Hemmoor vorankommt, dass die Stadt eine gut ausgebaute Infrastruktur hat und für Ansiedlungen attraktiv bleibt.“ Sein altes Leben als ABDA-Präsident vermisst er daher nicht, auch weil er ja nach wie vor in viele politische Fragen eingebunden sei. Der Vorteil am Status Quo sei aber die Freiheit: „Mein jetziges Leben gefällt mir sehr gut. Ich kann die Schwerpunkte selbst setzen, bin inhaltlich und terminlich nicht mehr so von außen bestimmt“, erklärt Wolf.

Das Loslassen von seinen ABDA-Tätigkeiten fällt ihm auch aus einem Grund nicht schwer. Denn Wolf sagt, er stehe „voll und ganz“ hinter Friedemann Schmidt, seinem Nachfolger, der ihn schon während seiner siebenjährigen Amtszeit als Vize-Präsident begleitet hatte. Wolf begrüßt, dass Schmidt die Apothekerschaft weiterentwickeln möchte, neue Aufgabenfelder für die Pharmazeuten erschließen will. Der ehemalige ABDA-Präsident warnt aber auch vor den Gefahren einer solchen Debatte: „Man muss höllisch aufpassen, die Arzneimittel-Abgabe nicht von der Beratung zu trennen. Wenn man Wahl- und Pflichtleistungen dauerhaft voneinander trennt, werden viele Krankenkassen auf die Idee kommen, nur noch die Pflichtleistungen zu honorieren. Die Beratung darf nicht zur Kürleistung werden.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

für mich persönlich..

von Christiane Patzelt am 21.06.2016 um 21:37 Uhr

...bleiben die letzten 20 Jahre ABDA-Politik Altherrenpolitik, begleitet von Selbstgefälligkeit und von kaufmännischem Unvermögen! Die Situation von 80% berufstätiger Frauen wird hier seit Jahrzehnten nicht abgebildet, zur Verschlankung sind sie auch nicht in der Lage, in Vergessenheit geraten, wem die ABDA eigentlich dienlich sein sollte! Keiner der Standesvertreter nimmt aus Anstand seinen Hut, wenn er was verbockt hat, die Posten bleiben von Amateuren besetzt, anstatt sich von Profis leiten zu lassen...für mich ist die Entwicklung des Apothekerberufes mit einem dermaßen starken Verfall des Ansehens verbunden, das Arzneimittel ist durch die mannigfaltigen Vertriebswege schon lange keine Ware der besonderen Art mehr. Politiker besuchen Apotheken, wie ich früher mit der Familie in den Zoo besuchte -- man staunt über die merkwürdigen Wesen und ist amüsiert über die Altertümlichkeit des Berufes!

Die ABDA hat uns Apotheken abgewirtschaftet, Frau Ulla Schmidt und Konsorten taten noch den Rest und jeder Apothekeninhaber steht vor dem Scherbenhaufen seines Lebens!

Das hat Herr Wolf nicht retten können/wollen, Herr Schmidt..ja..na..reden wir nicht drüber...er wird sich wieder feiern lassen aufm DAT 2016, der Rest ist Leichenstarre..

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