Berufsanerkennung in der EU

Neue Definition für „pharmazeutische Tätigkeiten“

Berlin - 17.07.2015, 16:40 Uhr

In der EU gibt es künftig einen Berufsausweis. (Bild: igor/Fotolia)

In der EU gibt es künftig einen Berufsausweis. (Bild: igor/Fotolia)


In der EU sollen Berufsqualifikationen künftig leichter anerkannt werden. Das fordert eine EU-Richtlinie (2013/55/EU), die am 17. Januar 2014 in Kraft trat und bis zum 18. Januar 2016 in nationales Recht umgesetzt werden muss. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) arbeitet derzeit an einem Gesetzentwurf, der diese Vorgaben für bundesrechtlich geregelte Heilberufe regeln soll. In diesem Zusammenhang will das Ministerium auch die Definition der „pharmazeutischen Tätigkeiten“ überarbeiten.

Die EU-Richtlinie sieht einige neue Instrumente vor, etwa den Europäischen Berufsausweis, der das herkömmliche Anerkennungsverfahren und die Anerkennungsentscheidung ersetzt, sowie einen Vorwarnmechanismus, demzufolge die Behörden der Mitgliedstaaten sich gegenseitig darüber informieren, wenn einem (Zahn-)Arzt, Apotheker, einer Hebamme sowie sonstigen Berufsangehörigen, die Tätigkeiten mit Auswirkungen auf die Patientensicherheit ausüben, ihre Tätigkeit ganz oder teilweise, auch vorübergehend, untersagt worden ist oder Beschränkungen auferlegt wurden.

Ausübung des Apothekerberufs

Im Referentenentwurf des BMG vom 10. Juni sind für die Umsetzung in deutsches Recht unter anderem Änderungen in der Bundes-Apothekerordnung (BApO), der Approbationsordnung für Apotheker (AAppO), im Apothekengesetz (ApoG), im Gesetz über den Beruf des PTA (PharmTAG) sowie der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für PTA (PTA-APrV) vorgesehen. In der BApO will das BMG die Formulierung, die die Ausübung des Apothekerberufs beschreibt, eins zu eins aus der EU-Richtlinie übernehmen. Danach sollen „pharmazeutische Tätigkeiten“ künftig insbesondere erfassen:

  1. Herstellung der Darreichungsform von Arzneimitteln,
  2. Herstellung und Prüfung von Arzneimitteln,
  3. Arzneimittelprüfung in einem Laboratorium für die Prüfung von Arzneimitteln,
  4. Lagerung, Qualitätserhaltung und Abgabe von Arzneimitteln auf der Großhandelsstufe,
  5. Bevorratung, Herstellung, Prüfung, Lagerung, Verteilung und Verkauf von unbedenklichen und wirksamen Arzneimitteln der erforderlichen Qualität in der Öffentlichkeit zugänglichen Apotheken,
  6. Herstellung, Prüfung, Lagerung und Verkauf von unbedenklichen und wirksamen Arzneimitteln der erforderlichen Qualität in Krankenhäusern,
  7. Information und Beratung über Arzneimittel als solche, einschließlich ihrer angemessenen Verwendung,
  8. Meldung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen an die zuständigen Behörden,
  9. personalisierte Unterstützung von Patienten bei Selbstmedikation,
  10. Beiträge zu örtlichen oder landesweiten gesundheitsbezogenen Kampagnen.

ABDA verweist auf eigene Formulierung

Die strikte Übernahme der EU-Richtlinien-Formulierung ist aus Sicht der ABDA jedoch nicht zielführend. Die exemplarische Aufzählung vernachlässigt ihrer Meinung nach den Aspekt des Tätigkeitsorts und lässt zudem einige bedeutsame Tätigkeitsfelder in Wissenschaft und Forschung unberücksichtigt. „Damit finden sich Apotheker, deren Tätigkeitsfeld außerhalb der öffentlichen Apotheken oder Krankenhausapotheken ist, kaum im Gesetz wieder“, kritisiert die ABDA in ihrer Stellungnahme zum Referentenentwurf. Sie schlägt daher eine eigene Formulierung vor, die von der Bundesapothekerkammer „nach ausführlicher interner Diskussion formuliert wurde“:

„Ausübung des Apothekerberufes ist die Ausübung der Arzneimittelkunde, insbesondere

  • in Forschung und Lehre,
  • bei der Entwicklung, Herstellung, Prüfung, Zulassung und Abgabe von Arzneimitteln,
  • bei der Versorgung mit und der Information beziehungsweise Beratung zu Arzneimitteln,
  • bei der Sicherung der Qualität und eines effizienten Arzneimitteleinsatzes, oder
  • in der Organisation und Kontrolle des Umgangs mit Arzneimitteln

unter der Berufsbezeichnung ‚Apotheker‘ oder ‚Apothekerin‘. Diese apothekerlichen Tätigkeiten werden insbesondere in der öffentlichen Apotheke, im Krankenhaus, in der pharmazeutischen Industrie, an Prüfinstituten, bei der Bundeswehr, Behörden, Körperschaften und Verbänden, an der Universität, in Lehranstalten und an Berufsschulen ausgeübt.“

Vergleichbare Ausbildung in den Mitgliedstaaten

Im Referentenentwurf wird zudem vorgegeben, wann die Ausbildung zum Apotheker sich „wesentlich“ von der deutschen unterscheidet, nämlich dann, wenn „bedeutende Unterschiede hinsichtlich der Kenntnisse und Fähigkeiten bestehen, die eine wesentliche Voraussetzung für die Ausübung des Berufs sind“. Allerdings sollen diese ganz oder teilweise durch Kenntnisse und Fähigkeiten ausgeglichen werden können, die ein Antragsteller im Rahmen seiner pharmazeutischen Berufspraxis „in Voll- oder Teilzeitform oder durch lebenslanges Lernen“ erworben hat, sofern sie von einer dafür zuständigen Stelle als gültig anerkannt wurden.

Diese Regelung begrüßt die ABDA, da sie einen unbedingten Rechtsanspruch „auf automatische Anerkennung jeglicher Bescheinigungen derart informeller Voraussetzungen“ für nicht sachgerecht hielte. Sie verweist jedoch darauf, dass manche Ausbildungen in Drittstaaten keine praktischen Ausbildungsteile beinhalten. Insoweit stelle sich nach gegenwärtiger Rechtslage das Problem, wie derartige Mängel bei der Anerkennung berücksichtigt werden können. Zur Lösung dieses Problem schlägt die ABDA daher vor, die fehlende mindestens sechsmonatige praktische Ausbildung in einer öffentlichen Apotheke oder einer Krankenhausapotheke als wesentlichen Unterschied aufzunehmen, der dann jedoch durch etwaige Berufspraxis ausgeglichen werden könnte.

Es bleibt bei „Drei-Jahres-Klausel“

Im ApoG soll es derweil bei der Regelung bleiben, derzufolge einem Apotheker, der die pharmazeutische Prüfung nicht in Deutschland bestanden hat, die Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheke nur zu erteilen ist, wenn sie für eine Apotheke beantragt wird, die seit mindestens drei Jahren betrieben wird. Allerdings soll dies nicht für Approbierte gelten, „deren förmliche Qualifikationen bereits durch die zuständigen Behörden für andere Zwecke anerkannt wurden und die tatsächlich und rechtmäßig die beruflichen Tätigkeiten eines Apothekers mindestens drei Jahre lang ununterbrochen im Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübt haben“. Diesen Kompromiss begrüßt die ABDA in ihrer Stellungnahme ausdrücklich. 


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