Bei Neugeborenen und Kleinkindern

Lungenhochdruck nach Diazoxid-Behandlung

Stuttgart - 17.07.2015, 12:55 Uhr

Selten, aber gefährlich: Die FDA warnt vor pulmonaler Hypertonie unter Diazoxid. (Bild: Henry Schmitt/Fotolia)

Selten, aber gefährlich: Die FDA warnt vor pulmonaler Hypertonie unter Diazoxid. (Bild: Henry Schmitt/Fotolia)


Nach Verabreichung von Diazoxid (Proglicem), das zur Behandlung von Hypoglykämien eingesetzt wird, kann es bei Neugeborenen und Kleinkindern zu pulmonaler Hypertension kommen. Davor warnt die amerikanische Aufsichtsbehörde FDA. Nach Absetzen des Mittels besserte sich in allen Fällen der Hochdruck oder verschwand ganz. Die FDA wird den Sachverhalt weiter prüfen und gegebenenfalls Änderungen in der Produktinformation veranlassen.

Diazoxid ist strukturell verwandt mit Hydrochlorothiazid (Benzothiadiazine), hat aber keine diuretische Wirkung. Es wird eingesetzt bei Hypoglykämien verschiedener Genese, zum Beispiel bei Leucin-empfindlichen Hypoglykämien, Hypoglykämien im Kindesalter bedingt durch persistierende vermehrte Insulin-Sekretion oder auch bei Inselzelltumoren. Die Blutzucker-steigernde Wirkung beruht auf einer Hemmung der Insulinsektretion durch Öffnung von Kalium-ATP-Kanälen (KATP) der B-Zellen des Pankreas.

Zudem werden nach oraler Gabe von Diazoxid Catecholamine freigesetzt, die die hepatischen Glykogenspeicher mobilisieren. Das verstärkt die Blutzucker-steigernde Wirkung. Da die Substanz nicht selektiv für die KATP-Kanäle der B-Zellen ist, sondern auch am glatten Gefäßmuskel wirkt, hat es zudem antihypertensive Wirkung und wurde in dieser Indikation früher intravenös eingesetzt.

Elf Fälle von Lungenhochdruck

Im Meldesystem der FDA (FDA Adverse Event Reporting System = FAERS) sowie der Fachliteratur sind seit der Zulassung von Proglycem® im Jahr 1973 elf Fälle von Lungenhochdruck unter Diazoxid-Behandlung bei Neugeborenen und Kleinkindern erfasst, eine gewisse Dunkelziffer ist aber laut FDA wahrscheinlich. Bei den betroffenen Kindern trat der Lungenhochdruck zwischen einem Tag und mehreren Monaten nach Behandlungsbeginn auf. Neben schweren sonstigen Erkrankungen hatten die meisten der betroffenen Kinder von vornherein ein hohes Risiko, eine pulmonale Hypertonie zu entwickeln.

Bei Kindern, die mit Diazoxid, das vor allem im Krankenhaus verabreicht wird, behandelt werden, soll sorgfältig auf Symptome geachtet werden, die auf eine pulmonale Hypertonie hinweisen, wie Schwierigkeiten beim Atmen, grunzen, schnelle Atmung oder bläuliche Haut oder Lippen. Wird eine pulmonale Hypertonie festgestellt, soll Diazoxid abgesetzt werden. Insbesondere gilt das für Kinder, die wegen ihrer Grunderkrankung ein hohes Risiko haben, eine pulmonale Hypertonie zu entwickeln.


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