Hilfsmittelversorgung

DAV verteidigt Vertrag mit Knappschaft

01.06.2015, 12:15 Uhr

Hilfsmittel: Ein Apotheker kritisiert den DAV in einem DAZ-Leserbrief für seinen Vertragsschluss mit der Knappschaft. (Foto: adrian_ilie825/Fotolia)

Hilfsmittel: Ein Apotheker kritisiert den DAV in einem DAZ-Leserbrief für seinen Vertragsschluss mit der Knappschaft. (Foto: adrian_ilie825/Fotolia)


Berlin – Eine Apotheke, die einen bei der Knappschaft Versicherten kurz vor dessen Tod noch mit Hilfsmitteln versorgt, muss damit rechnen, auf den Kosten sitzen zu bleiben. Grund ist eine Bestimmung im Hilfsmittelliefervertrag zwischen Deutschem Apothekerverband (DAV) und Knappschaft. Danach ist der letzte Kalendermonat der Versorgung während der Mitgliedschaft nicht mehr abrechenbar. Ein Apotheker aus Wolfsburg, der nicht nachvollziehen kann, wie der DAV solche Regelungen absegnen kann, forderte den Verband zur Stellungnahme auf. Gegenüber DAZ.online verteidigte der DAV den Vertrag.

In einem Offenen Brief (veröffentlicht in der DAZ 2015, Nr. 22, S. 82) wandte sich Dominik Mierswa, Filialleiter einer Wolfsburger Apotheke, kürzlich an den DAV. Der Aufhänger: Eine Bestimmung in der Anlage 8 §4 Abs. 3 des Hilfsmittelliefervertrages mit der Knappschaft. Darin heißt es: „Der letzte Kalendermonat der Versorgung während der Mitgliedschaft bei der Krankenkasse ist nicht mehr abrechenbar.“

Mierswa schildert einen konkreten Fall aus der Praxis: Ein Patient wurde ordnungsgemäß (mit Urinbeuteln) versorgt und die Abrechnung ordnungsgemäß an die Knappschaft weitergeleitet. Wenige Tage nach der Versorgung starb der Patient. Die Knappschaft verweigerte die komplette Erstattung mit dem Hinweis, dass der Patient im letzten Abrechnungsmonat verstorben sei und die Apotheke somit keinen Anspruch auf Vergütung trotz korrekter Versorgung habe. 

„Dieses Verhalten ist nach unserem Empfinden unanständig, die vertragliche Formulierung  skandalös. Konsequenterweise müsste man jeden Kunden, der auf Grundlage solcher Verträge beliefert wird, eine Erklärung zum Eigentumsvorbehalt gemäß § 449 BGB unterzeichnen lassen. Denn im Falle des Ablebens sind Ware und Geld für die Apotheke – vertraglich vereinbart – perdü“, ärgert sich der Apotheker. Vor dem Hintergrund, dass Retaxationen zu einem immer größeren Problem werden, sei es „völlig unverständlich, dass der DAV ‚im Namen seiner Mitglieder‘ Verträge schließt, die eine Verweigerung der Vergütung für ordnungsgemäß erbrachte Leistungen ausdrücklich vorsehen“. 

DAV: Risikoverteilung mit Vor- und Nachteilen

Der DAV räumt auf Nachfrage von DAZ.online ein, dass besagter Vertrag für die Versorgung mit ableitenden Inkontinenzhilfen eine Pauschalvergütung festlegt und der letzte Kalendermonat während der Mitgliedschaft bei der Krankenkasse nicht abrechenbar ist. Allerdings sei der erste Kalendermonat der Versorgung unabhängig vom konkreten Anfangsdatum in voller Höhe abrechenbar. „Man kann also bei Betrachten der gesamten Regelung nicht von einer Verweigerung der Vergütung sprechen, sondern von einer Risiko-Verteilung, welche für die Apotheke je nach Versorgungssituation auch Vorteile enthält, da sie im ersten Kalendermonat unabhängig davon, wie viele Produkte abgegeben wurden, stets die volle Vergütung erhält.“

Vergleichbare Regelungen seien im Hilfsmittelmarkt nicht unüblich, so der DAV weiter. Da Apotheken ohne Vorhandensein einer vertraglichen Regelung nicht mit Hilfsmitteln versorgen dürfen, hätten sich die Gremien des DAV unter Abwägung des Für und Wider dazu entschlossen, den Vertrag mit der Knappschaft abzuschließen. Die Entscheidung über den Vertragsbeitritt bleibe den Apotheken offen gehalten.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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