Arzneimittel-Hersteller

Sorgen bei Medizinprodukten

29.05.2015, 16:31 Uhr

Medizinprodukte: Der BAH sieht die europäische Entwicklung mit Sorge. (Foto: BAH)

Medizinprodukte: Der BAH sieht die europäische Entwicklung mit Sorge. (Foto: BAH)


Dem Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) bereitet die geplante Revision des europäischen Medizinprodukterechts Sorgen. Wie der Pharmaverband auf einer Pressekonferenz am Rande des Kongresses seines europäischen Dachverbandes AESGP erläuterte, sollen nach einer neuen Verordnung bestimmte Medizinprodukte wie Meersalz-Nasenspray oder Macrogol in die gleiche Risikoklasse wie Herzschrittmacher eingruppiert werden: Für die Präparate müssten dann Wirksamkeitsnachweise erbracht werden.

Die Revision des Medizinprodukterechts steht bereits seit 2007 auf der Agenda. Die erste Lesung im Europäischen Parlament löste im vergangenen Jahr allerdings Kopfzerbrechen im Ministerrat aus. Mit der neuen Verordnung sollen stoffliche Medizinprodukte, also Produkte, die oral, rektal oder vaginal angewandt, vom Körper aber nicht resorbiert werden und keine pharmakologische Wirkung entfalten, in die Risikoklasse drei eingestuft und damit auf eine Stufe mit den Produkten wie Herzschrittmachern gestellt werden. Als Beispiele nannte BAH-Mitarbeiterin Dr. Angela Graf Macrogol-Präparate, Meersalz-Nasenspray und Hyaluronsäure-haltige Lutschpastillen.

Dies würde bedeuten, dass die Hersteller Wirksamkeitsnachweise und Studien zur Sicherheit vorlegen müssten. Dieses  Ansinnen der geplanten Verordnung sei auch deshalb nicht nachvollziehbar, so BAH-Hauptgeschäftsführer Dr. Martin Weiser, da diese Produkte vormals klassische Arzneimittel waren und aufgrund ihrer großen Sicherheit in den Status der Medizinprodukte wechseln konnten. Mit der neuen Verordnung solle dies wieder zurückgefahren werden – das ginge zu Lasten der Hersteller. Immerhin handele es sich hier um einen Markt, der mit rund einer  Milliarde Euro so groß sei wie der Markt der Phytopharmaka. „Wir wünschen uns hier mehr Augenmaß von Seiten der Europäischen Kommission“, so Weiser, „das scheint man hier jedoch vergessen zu haben.“

Unbefriedigend ist bei der geplanten Verordnung auch die Tatsache, dass sie das Gebiet der Gesundheits-Apps nicht deutlich regelt. Offen ist, welche Apps und welche Hardware  unter das Medizinprodukterecht fallen. Gehören auch Wearables, die beispielsweise den Puls messen und aufzeichnen, zu den Medizinprodukten? Wenn man bedenkt, welches Gefahrenpotenzial bereits einfache Apps bergen, die an die korrekte Einnahme von Arzneimitteln erinnern: Würden sie beispielsweise dem Patienten fälschlicherweise eine zu häufige Arzneimitteleinnahme anzeigen, könnten hieraus die Gefahr von Überdosierungen entstehen.

In Kürze soll ein General Agreement zur geplanten Verordnung des Medizinprodukterechts vorgelegt werden, die als Basis für einen Kompromiss dienen könnte. Wie das Verfahren ausgehen wird, ist allerdings noch offen.


Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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