Antimikrobielle Therapie

Neuer Behandlungsansatz bei Kombinationen

26.05.2015, 08:40 Uhr

Forscher haben einen neuen Behandlungsansatz bei Kombinationen entdeckt. (Foto: Alex011973/Fotolia)

Forscher haben einen neuen Behandlungsansatz bei Kombinationen entdeckt. (Foto: Alex011973/Fotolia)


Remagen – Eine unvollkommene Wirkstoffpenetration beschleunigt die Resistenzbildung von Krankheitserregern. Dies stellt eine Studie fest, die in den „Proceedings of the National Academy of Sciences“ veröffentlicht wurde. Aufgrund der Erkenntnisse sollten Ärzte in der Therapie Arzneimittelkombinationen in Betracht ziehen, die ähnliche Teile des Körpers erreichen sollen, schlagen die Forscher vor. Tun sie dies nicht, so könnte es rascher zu Resistenzen gegen alle Wirkstoffe kommen.

Infektionen mit sich schnell entwickelnden Krankheitserregern werden oft mit Kombinationen von Medikamenten mit unterschiedlichen Wirkmechanismen behandelt. Hiermit soll unter anderem das Risiko von Resistenzen vermindert werden. Obwohl diese Strategie in der Regel erhebliche Vorteile gegenüber einer Monotherapie hat, kann sie besonders während der langfristigen Behandlung chronischer Infektionen aber auch zur Selektion multiresistenter Stämme führen. Noch komplexer wird das Problem dadurch, dass die einzelnen Wirkstoffe eines Behandlungs-Regimes im ganzen Körper nicht vollständig verteilt werden. Es kann also Regionen geben, wo nur einer eine wirksame Konzentration erreicht.

Die Autoren stellen in ihrer Studie die These auf, dass eine divergierende und unvollständige Penetration die Resistenzbildung erheblich beschleunigen kann. Sie haben zu diesem Zweck Computersimulationen gefahren, um das Verhalten von Krankheitserregern wie Viren oder Bakterien als Reaktion auf Änderungen in der Medikation und das Ausmaß der Penetration der Wirkstoffe zu untersuchen.

Besser ganz oder gar nicht?

Dabei stellte sich heraus, dass ein Erreger schneller eine Resistenz aufbauen kann, wenn es eine „Tasche“ im Körper gibt, in der sich nur ein Medikament befindet, wie etwa das Gehirn oder das Verdauungssystem. „Von dort aus startet er dann seine Flucht“, erklärt Pleuni Pennings, Assistant Professor für Biologie an der San Francisco State University und Mitautorin der Studie, in den Universitätsnachrichten der San Franciso State News. „Sobald er mit der ersten Wirkstoff nichts mehr zu tun hat, ist es für ihn sehr einfach, schnell eine Resistenz gegen einen zweiten zu entwickeln. Deshalb könnte es in einigen Fällen sogar besser sein, eine Tasche eines Körpers ganz ohne Medikation zu lassen, als eine Tasche mit nur einem Medikament zu haben.“

Mit ihrer Studie beschreiten die Wissenschaftler nach eigenen Angaben neue Wege, denn zum ersten Mal wird die Verbindung zwischen der Penetration und der Resistenzbildung untersucht. Die Erkenntnisse könnten ihrer Einschätzung zufolge große Auswirkungen auf kombinatorische Behandlungskonzepte gegen Krankheiten wie HIV, Malaria oder Tuberkulose haben. Nach der neuen Theorie sollte bei der Auswahl der Pharmaka berücksichtigt werden, welcher Stoff wohin penetrieren kann und inwieweit solche mit einem ähnlichen Penetrationsprofil möglicherweise die beste Behandlungsoption darstellen. „Dies erfordert eine neue Art des Denkens über Arzneimittelkombinationen, die ein wenig kontraintuitiv ist“, meint Pennings.

Quelle: Moreno-Gamez S et al. Imperfect drug penetration leads to spatial monotherapy and rapid evolution of multidrug resistance.


Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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