Organspende-Skandal

Freispruch für Göttinger Transplantationsarzt

07.05.2015, 09:50 Uhr

Als der Göttinger Transplantationsarzt seinerzeit Patienten bevorzugte, war das noch nicht strafbar. (Foto: Bilderbox)

Als der Göttinger Transplantationsarzt seinerzeit Patienten bevorzugte, war das noch nicht strafbar. (Foto: Bilderbox)


Berlin – Strafrechtlich war sein Vorgehen seinerzeit nicht relevant: Das Landgericht Göttingen hat den früheren Leiter der Göttinger Transplantationsmedizin von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft hatte den Chirurgen wegen versuchten Totschlags in elf und vorsätzlicher Körperverletzung mit Todesfolge in drei Fällen angeklagt, weil er eigenmächtig entschied, welcher Patient eine Organspende verdiente. Das Gericht sah die Vorwürfe jedoch als nicht erwiesen an.

Die Staatsanwaltschaft warf ihm insbesondere die Manipulation medizinischer Daten bei der Organspende vor. Durch falsche Angaben gegenüber Eurotransplant, der europäischen Vermittlungsstelle für Spenderorgane, waren eigene Patienten des Mediziners bevorzugt mit Spenderlebern versorgt worden. Das Landgericht stellte Medienberichten zufolge zwar mehrere Verstöße durch den Arzt fest. Die Manipulationen seien auch „moralisch zu missbilligen“, betonte der Vorsitzende Richter laut zeit.de bei der mündlichen Urteilsbegründung. Aber es gebe „keine Anhaltspunkte für ein strafrechtlich relevantes Verhalten“.

Der 2012 bekannt gewordene Skandal um manipulierte Patientendaten war mit dafür verantwortlich, dass das Vertrauen der Bevölkerung in die Organspende gesunken ist. Neben Göttingen wurden auch Patientenakten an Kliniken in Münster, München, Leipzig und Berlin verändert. Im Jahr 2014 erreichte die Zahl der Organspender mit 864 den niedrigsten Stand seit 1997. Daraufhin reagierten Ärzteschaft und Politik: Die Bundesärztekammer führte schärfere Kontrollen und ein Mehraugenprinzip ein. Der Bundestag beschloss strafrechtliche Konsequenzen für Ärzte, die Patientendaten verändern und Wartelistenplätze verfälschen.

Der Vorsitzende des Bundestags-Gesundheitsausschusses, Edgar Franke (SPD) hält das deutsche Organspende-System inzwischen für weitgehend manipulationssicher: Im Südwestrundfunk sagte er laut zeit.de, dass der Skandal politisch bereits gut aufgearbeitet sei. Vorgänge wie in Göttingen seien inzwischen nicht mehr möglich. Ob die Entscheidung des Landgerichts Göttingen rechtskräftig wird, muss sich zeigen – die Staatsanwaltschaft kündigte laut faz.net bereits an, Revision beim Bundesgerichtshof einlegen zu wollen. Es gehe um Rechtsfragen, wird eine Sprecherin zitiert, „die in Zukunft auch für andere Gerichte von Bedeutung sein werden“.


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