DAZ.online-Wochenschau

Zusatznutzen: von beträchtlich bis nicht vorhanden

21.02.2015, 08:00 Uhr


Erstmalig in der Geschichte der Nutzenbewertung hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) einem Wirkstoff einen beträchtlichen Zusatznutzen bescheinigt, für andere Substanzen hingegen hatte die Beurteilung durch den G-BA einen weniger guten Ausgang. Welche Präparate das waren sowie weitere News aus der Apothekerwelt, zum Beispiel den aktuellen Stand der Diskussion um ein Versandhandelsverbot für die „Pille danach“, lesen Sie in unserer Wochenschau.

Neue Nutzenbewertungen. Der G-BA hat einem Wirkstoff im Rahmen der frühen Nutzenbewertung erstmalig einen erheblichen Zusatznutzen – die höchste Zusatznutzen-Kategorie – attestiert: Propranolol (Hemangiol®) zur Behandlung von Säuglingen mit proliferativen infantilen Hämangiomen (Blutschwämmchen), die eine systemische Therapie erfordern. Ebenfalls einen Zusatznutzen, wenn auch nur einen geringen, sieht der G-BA für den Faktor-Xa-Inhibitor Apixaban (Eliquis®) für die Initial-Behandlung und Rezidivprophylaxe von tiefen Venenthrombosen und Lungenembolien. Durchgefallen ist hingegen der Opioidantagonist Nalmefen (Selincro®), der Alkoholabhängige bei der Reduktion ihres Alkoholkonsums unterstützen soll. Das Dossier zur Bewertung von Simoctocog alfa (Nuwiq®), ein Faktor-VIII-Konzentrat zur Behandlung und Prophylaxe von Blutungen bei Personen mit Hämophilie A, konnte das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) nicht überzeugen. Hier steht die G-BA-Bewertung noch aus. 

Folge der Nutzenbewertung. Nachdem der G-BA dem Diabetes-Medikament Vokanamet® (Fixkombination von Canagliflozin und Metformin) „keinen Zusatznutzen“ attestiert hat, hat der Hersteller Janssen die Marktrücknahme seines SGLT2-Hemmers in Deutschland angekündigt.

Nutzenbewertung und Einsparungen. Rund 630 Millionen Euro hat die Gesetzliche Krankenversicherung durch die mit dem AMNOG eingeführten Regelungen zur Preisbildung und Erstattung, zu denen auch die Nutzenbewertung zählt, von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen in den letzten drei Jahren eingespart. Bei den Ärzten allerdings kommen die Erkenntnisse der frühen Nutzenbewertung kaum an. Sie verordnen auch fleißig Medikamente, die laut G-BA keinen Zusatznutzen haben.

Versandhandelsverbot für die „Pille danach“. Mit ihrer Forderung nach einem Versandhandelsverbot für die „Pille danach“ haben die Länder eine heiße Diskussion losgetreten. Linke und SPD sind dagegen, der Bundesverband Deutscher Versandapotheken erhebt den Vorwurf der Stimmungsmache gegen den Arzneimittelversand.

Biosimiliars. Mit Infliximab steht die Markteinführung des ersten biosimilaren monoklonalen Antikörpers kurz bevor. Neben dem Original Remicade® gibt es den Wirkstoff künftig auch von Hospira (Inflectra®) sowie von Celltrion (Remsima®).

Sport statt Medikamente. Weniger Insulin, erhöhte Leistungsfähigkeit, verbesserte Herzfrequenz: Mit Sport lassen sich ähnliche Effekte erzielen wie mit Medikamenten. Zu diesem Ergebnis kommt eine Langzeitstudie der Techniker Krankenkasse.

Lieferengpässe. Sie nehmen immer mehr Breite im Gesamtsortiment ein. So können die Apotheken Teile der Substitutionsausschlussliste gar nicht erfüllen, da die entsprechenden Präparate nicht erhältlich sind.

Neues Cannabis-Fertigarzneimittel. Phytohersteller Bionorica hat beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte ein Zulassungsdossier für ein Fertigarzneimittel auf Cannabisbasis eingereicht. Für welche Indikation die Zulassung für das neue Arzneimittel beantragt ist, ist noch unklar. Die genaue Pharmakologie von Cannabis gibt aber immer noch Rätsel auf.

EU-Logo für Versandapotheken. Ab Mitte 2015 sind alle, die in der Europäischen Union (EU) über das Internet Arzneimittel zum Verkauf anbieten, verpflichtet, auf ihren Websites das gemeinsame europäische Versandhandelslogo zu verwenden.

Wissenschafts-Beirat der Bundesapothekerkammer. Prof. Dr. Theodor Dingermann aus Frankfurt (Pharmazeutische Biologie) bleibt auch nach der Neuberufung Sprecher des Gremiums.


Julia Borsch