Nicht übertragbare Krankheiten

WHO: Zeit zum Handeln

Remagen - 20.01.2015, 11:10 Uhr


38 Millionen Menschen sind im Jahr 2012 an Herz- und Lungenkrankheiten, Schlaganfall, Krebs oder Diabetes gestorben, davon 16 Millionen (40%) vorzeitig, das heißt, vor dem siebzigsten Lebensjahr. Dies geht aus dem „Globalen Statusreport zu nicht übertragbaren Krankheiten 2014“ hervor, den die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gestern vorgestellt hat. Viele dieser Fälle könnten in Zukunft vermeidbar sein, meint die WHO, und will nun massiv gegensteuern.

Der Bericht soll als Ausgangsbasis für die Umsetzung des „Globalen Aktionsplans für nicht übertragbare Krankheiten 2013-2020“ dienen. Hierzu werden neun freiwillige globale Ziele formuliert. Ziel Nummer eins ist die Verringerung der Zahl der vorzeitigen Todesfälle durch nicht übertragbare Krankheiten (non-communicable diseases, NCD) bis 2025 um 25 Prozent. Außerdem sollen Tabakkonsum, Alkoholmissbrauch, ungesunde Ernährung mit zu hohem Zucker- und Salzkonsum und Bewegungsmangel deutlich reduziert werden.

Dabei sollen besonders die Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen in die Pflicht genommen werden, in denen Todesfälle aufgrund nicht übertragbarer Krankheiten die Infektionskrankheiten bereits überholt haben. Fast drei Viertel aller NCD-Todesfälle (28 Millionen) und 82 Prozent der 16 Millionen vorzeitigen Todesfälle treten in diesen Ländern auf. 

Gegensteuern ist nicht teuer

„Die Weltgemeinschaft hat die Chance, den Verlauf der Epidemie nicht übertragbarer Krankheiten zu ändern“, sagte WHO-Generaldirektorin Dr. Margaret Chan bei der Vorstellung des Berichts. Das muss laut WHO nicht teuer sein. Schon mit nur ein bis drei US-Dollar pro Person und Jahr soll das Risiko von Krankheit und Tod durch NCD reduziert werden können. Als Instrumente hierfür empfiehlt die WHO mehr Aufklärung und kostengünstige High-Impact-Interventionen. Als ein Positivbeispiel für eine solche gelungene Initiative wird Ungarn angeführt. Dort wurde ein Gesetz zur Besteuerung von Speisen und Getränken mit für die Gesundheit riskanten Komponenten (z. B. Zucker, Salz und Koffein) verabschiedet. Ein Jahr später hatten 40 Prozent der Hersteller ihre Produktformel geändert, um die steuerpflichtigen Bestandteile zu reduzieren. Der Konsum der Produkte war um 25 bis 35 Prozent zurückgegangen.  

Insgesamt sieht die globale Situation zur Bekämpfung der nicht übertragbaren Krankheiten nach dem Bericht gar nicht so schlecht aus. Rund 170 Länder haben in ihren Gesundheitsministerien Abteilungen für diesen Zweck eingerichtet, darunter auch Deutschland. Aber es hapert vielfach an praktischen Aktivitäten. Im Dezember 2013 hatten nur 70 Staaten mindestens einen operativen nationalen NCD-Plan im Einklang mit dem globalen Aktionsplan. Zu Deutschland wird vermerkt, dass eine operationale, multisektorale nationale Politik oder Strategie fehle. Die Wahrscheinlichkeit, zwischen 30 und 70 Jahren an einer der vier wichtigsten nicht übertragbaren Krankheiten zu sterben, wird für Deutschland mit zwölf Prozent angegeben (zum Vergleich: China: 19 Prozent, Russland: 30 Prozent). 

Die WHO empfiehlt den Ländern nun dringend, ihre Absichtserklärungen von diesem Jahr an mit konkreten Eingriffen in die Tat umzusetzen. Im Jahr 2018 soll die UN-Generalversammlung ein weiteres Treffen auf höchster Ebene einberufen, um zu sehen, was bis dahin erreicht ist.


Dr. Helga Blasius