Strafanzeige gegen Becker und Wagner

Abgemahnte schlagen zurück

Berlin - 08.12.2014, 18:00 Uhr


Drohen Rechtsanwalt Christoph Becker und seinem Mandanten Hartmut Wagner nach ihrer Massenabmahnung gegen tausende Apotheken nun selbst strafrechtliche Konsequenzen? Inzwischen liegen gegen das Anwalts-Apotheker-Duo bei der Staatsanwaltschaft Leipzig mehrere Strafanzeigen vor. So auch von Rechtsanwalt Dr. Timo Kieser, der Hunderte von apotheken.de-Mitgliedsapotheken anwaltlich vertritt.

„Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass er durch Vorspiegelung falscher […] Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“ – so beschreibt das Strafgesetzbuch in seinem § 263 den Betrug und seine Rechtsfolge. Ein besonders schwerer Fall, der noch höhere Strafandrohung mit sich zieht, liegt nach der Norm unter anderem vor, wenn der Täter gewerbsmäßig handelt.

Für Kieser ist dieser Straftatbestand erfüllt: Mit den Abmahnschreiben werde suggeriert, dass die Abmahnungen gerechtfertigt seien. Dies solle die Abgemahnten zur Zahlung veranlassen. Doch die Abmahnungen seien aus verschiedenen Gründen nicht gerechtfertigt. Insbesondere nicht, weil es sich aus Sicht des Anwalts um ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen von Becker und Wagner handelt. Ein solcher Missbrauch, der die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen ausschließt, liegt nach der Rechtsprechung vor, wenn der Anspruchsteller mit dem behaupteten Anspruch überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgt und diese als beherrschendes Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen.

Bedenkt man die hohe Zahl verschickter Abmahnungen und die hohen festgesetzten Streitwerte, die die Gebühren nach oben treiben, sowie den Umstand, dass Wagner seine Apotheke aus der Insolvenz übernommen hat, so liegt es nahe, dass es ihm und seinem Anwalt in erster Linie darum ging, durch die Abmahnungen Einnahmen zu erzielen. Wegen der massenhaften Aussendung der Abmahnungen hält der Stuttgarter Anwalt auch eine gewerbsmäßige Begehung für gegeben.

Kieser sieht die abgemahnten Apotheker zudem rechtswidrig durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung genötigt. Denn die Abmahnschreiben enthalten den Hinweis, dass Wagner die gerügten „Verstöße“ der Aufsichtsbehörde und der Apothekerkammer anzeigen wird, wenn die Abgemahnten die Fristen ungenutzt verstreichen lassen. „Berufs- und standesrechtliche Konsequenzen sowie ein Verlust Ihrer Zulassung sind dadurch nicht auszuschließen“, heißt es fettgedruckt. Hier werde ein nicht bestehendes Drohpotenzial aufgebaut, das die Abgemahnten zur schnellen Zahlung bewegen solle, so Kieser.

Schließlich hält er bei Becker auch den Straftatbestand Gebührenüberhebung (§ 352 Strafgesetzbuch) erfüllt: Dieser sieht eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe vor, wenn ein Anwalt Gebühren erhebt, von denen er weiß, dass der Zahlende sie überhaupt nicht oder nur in geringerem Betrag schuldet. Im Rahmen der Abmahnkostenerstattung hatte Rechtsanwalt Becker Streitwerte von bis zu 230.000 Euro zugrunde gelegt.


Kirsten Sucker-Sket


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