Einsatz wichtiger Arzneigruppen

Große Unterschiede in europäischen Ländern

Remagen - 02.12.2014, 09:38 Uhr


Nach einer internationalen Vergleichsstudie zur Verwendung wichtiger, innovativer Arzneimittel kommt Deutschland insgesamt nur auf Platz zehn im Over-all-Ranking. Auch die Briten sehen sich nach der Analyse der Daten mit Platz neun deutlich im Hintertreffen. Der Bericht für 2012/2013 wurde vom Amt für Gesundheitsökonomie im Auftrag des britischen Verbandes der forschenden Pharmahersteller ABPI erstellt.

Für Europa wurden die fünf größten Wirtschaften Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien und Großbritannien einbezogen, daneben Österreich, Norwegen, Schweden und die Schweiz. Außerhalb Europas wurden unter anderem Vergleiche zur USA gezogen.

Die Untersuchung erstreckte sich auf insgesamt sechzehn Kategorien von Arzneimitteln, darunter Krebsmittel unterschiedlichen „Alters“, kardiovaskuläre Mittel gegen KHK und Herzinfarkt, Antipsychotika der zweiten Generation, Antidementiva und Mittel gegen chronische Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Osteoporose und rheumatoide Arthritis. Für jede Kategorie wurde der Gesamtverbrauch ermittelt und auf die gesamte Bevölkerung umgelegt. Hiernach wurde für die einzelnen Medikationsgruppen ein Bevölkerungs-adjustiertes Ranking der Länder sowie ein gemitteltes Ranking über alle Gruppen erstellt.

Im Ergebnis nehmen Frankreich, Spanien, USA, Österreich und Italien insgesamt die vorderen Plätze ein. Deutschland hat den Spitzenplatz bei den Multiple-Sklerose-Mitteln, neuen oralen Antikoagulanzien und Alteplase zur Schlaganfalltherapie inne. Auch neuere Krebsmittel (weniger als fünf Jahre auf dem Markt) werden hierzulande ebenso wie in Österreich und der Schweiz gemessen an der Bevölkerung vergleichsweise häufiger verwendet als in anderen Ländern. Bei den Osteoporosemitteln und den Statinen belegt Deutschland dagegen lediglich die Plätze elf und zwölf.

Briten unzufrieden mit Platz neun

Nach einer Pressemitteilung des Pharmaverbandes ABPI sind die Briten mit ihrem neunten Rang keineswegs zufrieden. Obwohl in elf der sechzehn untersuchten Klassen jetzt mehr Arzneimittel pro Person „konsumiert“ werden als noch vor vier Jahren, bleiben sie in sieben immer noch unter dem aktuellen internationalen Durchschnitt. Dies betrifft unter anderem die neuesten Krebsmedikamente sowie jene gegen Demenz, Multiple Sklerose und Schlaganfall.

„Dass Großbritannien weiterhin auf altbewährte Medikamente setzt, vor allem zur Behandlung von Krebs, zeigt aus unserer Sicht das Versagen des Systems, den Patienten den Zugang zu neuen, innovativen Behandlungsmethoden zu eröffnen“, sagt David Watson, ABPI-Direktor der Abteilung Preisbildung und Erstattung. „Selbst wenn das NICE die entsprechenden Mittel empfiehlt, gibt es weitere Überprüfungen, Einschränkungen und Änderungen dieser Empfehlungen. Für uns ist das Ergebnis aller möglichen Initiativen, die seit 2009 in Gang gekommen sind, um die Situation zu verbessern, deshalb unter dem Strich enttäuschend.“

Darüber hinaus betont Watson: „Wir sind dem NHS im Rahmen des Pharmaceutical Price Regulation Scheme (PPRS) 2014 entgegengekommen und haben eine Deckelung des Budgets für zwei Jahre und ein kontrolliertes Wachstum für weitere drei Jahre zugestanden. Im Gegenzug sollte der NHS die Verschreibung der neuesten, wirksamsten Therapien für die Patienten möglich machen. Nun wollen wir auch mal sehen, dass das in den kommenden Jahren tatsächlich besser wird.“


Dr. Helga Blasius