Hamburger Apothekerverein

Nullretax: Vereinbarung in Hamburg bietet Vorbild

Hamburg - 26.11.2014, 15:14 Uhr


Was bundesweit die Apothekergemüter bewegt, wurde in Hamburg mit der AOK Rheinland/Hamburg einvernehmlich geklärt: die Nullretaxationen. Dr. Jörn Graue, Vorsitzender des Hamburger Apothekervereins, berichtete bei der gestrigen Mitgliederversammlung des Vereins über eine Lösung des Problems der Nichtbeachtung von Rabattverträgen.

Diese Lösung berücksichtige das Interesse der Krankenkasse an einer stringenten Umsetzung der Rabattverträge ohne Offenlegung der Ausschreibungsergebnisse und trage auch der Apothekenpraxis Rechnung. „Die Vereinbarung sieht eine Rabatterfüllungsquote vor, die ausreichend Toleranz lässt für die im Alltag kaum zu vermeidenden Fehler“, so Graue. Diesen Gedanken werde der Hamburger Apothekerverein sowohl in Verhandlungen mit anderen Primärkassen als auch auf der Bundesebene einbringen. Denn die Ausschöpfung des Rechtswegs im Musterstreitverfahren und das GKV-VSG würden eine zeitnahe Regelung dringend notwendig machen, so Graue.

Über diese besondere Vereinbarung mit der AOK Rheinland/Hamburg zu den Rabattverträgen hinaus beschrieb Vereinsgeschäftsführer Dr. Thomas Friedrich den neuen Hamburger Arzneiliefervertrag mit allen Primärkassen und die dort getroffene allgemeine Regelung zu Retaxationen. Dort sei nun wie in Nordrhein und Westfalen-Lippe das Problem der Nullretaxationen „weitgehend eingeschränkt“. Dabei gelte das Prinzip, dass die Krankenkassen zahlen müssen, wenn sie durch die Leistung der Apotheke von ihrer Sachleistungspflicht gegenüber dem Patienten frei werden. Retaxationen würden damit auf den entstandenen Schaden begrenzt, der auch pauschaliert ermittelt werden könne, um die Geheimhaltung der Rabatte zu wahren, erläuterte Friedrich, der sich eine solche Regelung nun auch für andere Krankenkassen erhofft.

Weitere Aspekte der Verbandsarbeit stellte Graue in seinem Bericht dar und hob dabei das Online-Vertragsportal des Deutschen Apothekerverbands (DAV) hervor. Damit soll künftig am „point of sale“ zu erkennen sein, ob es für das verordnete Hilfsmittel einen Verbandsvertrag mit dem jeweiligen Kostenträger gibt, ob die Apotheke beigetreten ist und ob vertragliche Besonderheiten zu beachten sind. Zur Vereinbarung mit der Techniker Krankenkasse zu Medikationsgesprächen mit Typ-2-Diabetikern verwies Graue auf den Wettbewerb unter den Krankenkassen und äußerte die Hoffnung, dass 2015 über weitere Beratungsverträge zu berichten sei. Zu den Hilfsmittelverträgen betonte Graue, diese würden gemäß Satzung des DAV nur für Landesverbände gelten, die diesen Verträgen zustimmen, sodass Verbände mit günstigeren Verträgen diese nicht preisgeben müssten.

Allerdings berichtete Graue auch über immer wieder neue Ansätze für Retaxationen. „Der Fantasie einzelner Krankenkassen und ihrer Retaxfirmen sind offenbar keine Grenzen gesetzt“, erklärte Graue und kündigte an, bei ungerechtfertigten Absetzungen unverzüglich einzugreifen und diese notfalls mit gerichtlicher Hilfe zurückzuweisen, wenn vernünftige Argumentationen nicht mehr greifen würden. Außerdem beklagte Graue das Eindringen von Fälschungen in den Vertriebsweg. Seine seit Jahren erhobene Forderung, den Verkehrsweg eindeutig zu dokumentieren, verhalle bislang „im Nirwana der Politik“. „Was bleibt, ist der Makel, dass die Apotheke auch nicht mehr als der sichere Hort gilt“, so Graue, doch diesem falschen Eindruck müssten die Apotheker konsequent entgegentreten.

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Dr. Thomas Müller-Bohn


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