Apotheken in Großbritannien

Viel Service und viel Kette

Remagen - 21.11.2014, 08:45 Uhr


Ein neuer Statistikbericht des britischen Health and Social Care Information Centre (HSCIC) gibt einen interessanten Einblick in den Status quo des englischen Apotheken-Sektors und dessen Entwicklung in den letzten zehn Jahren. 11.647 öffentliche Apotheken sind derzeit in England lizensiert (Stand: 31. März 2014), das sind 152 (1,3 Prozent) mehr als ein Jahr zuvor. Gegenüber 2004/2005 hat die Zahl der Abgabestellen um rund 20 Prozent zugenommen.

Die meisten verschreibungspflichtigen Artikel werden in öffentlichen Apotheken abgegeben. Rund 948,2 Millionen waren es im Beobachtungszeitraum 2013 bis 2014, was einer Steigerung von 3,7 Prozent gegenüber dem Zeitraum 2012 bis 2013 entspricht. Daneben gingen 83,8 Millionen Artikel über Dispensierpraxen und 7,5 Millionen über die 112 registrierten Hilfsmittelversorger (appliance contractors) an die Verbraucher. Hilfsmittelversorger dürfen keine Arzneimittel abgeben, öffentliche Apotheken beides.   

Öffentliche Apotheken dürfen derzeit je nach Ausstattung, Befähigung des Personals und Vertrag neben den Basisdiensten – das sind im Wesentlichen Abgabe und Beratung – vier Arten von zusätzlichen Dienstleistungen (advanced services) anbieten. Hierzu zählen die Medicines Use Reviews (MURs) mit einer speziellen Beratung zur Erhöhung der Arzneimitteltherapiesicherheit. Im Oktober 2011 wurden für die MURs zunächst drei Zielgruppen definiert: Patienten mit Hochrisiko-Medikation wie etwa unter Antikoagulanzien, bei Medikationsänderungen nach einer Krankenhausentlassung und Asthma oder COPD-Patienten. Außerdem wurde eine spezielle Beratung für neue Arzneimitteltherapien (New Medicines Service, NMS) eingeführt. 3,1 Millionen MURs in ca. 10.800 Apotheken und über 760.000 NMSs in 9300 Abgabestellen belegen, dass die neuen extra honorierten Dienste insgesamt gut angenommen werden. Weitere „advanced services“ beziehen sich auf die entsprechende Beratung bei Hilfsmitteln und die Stomaversorgung. Komplettiert wird die „rundum“-Versorgung durch erweiterte Dienstleistungen (enhanced services), wie etwa auf dem Gebiet der Raucherentwöhnung oder Screeings auf bestimmte Erkrankungen (z. B. Chlamydien).

Der Fremd- und Mehrbesitz hat in England bekanntermaßen erhebliche Ausmaße. Der neue Statistikbericht erfasst Inhaber von sechs und mehr Apotheken als multiple Vertragsnehmer (Apotheken-Ketten) und solche mit fünf und weniger als unabhängige. Nach Anwendung dieser Definition sind in England derzeit 61 Prozent der rund 11.600 öffentlichen Apotheken in Ketten organisiert, wobei der Anteil der unabhängigen – wohlgemerkt mit fünf und weniger Abgabestellen – gerade in der Hauptstadt London mit über 60 Prozent erstaunlich hoch ist. Demgegenüber gehören zum Beispiel im Südengland ca. 70 Prozent zu einer Kette.

Der Versandhandel fristet wie hierzulande ein eher untergeordnetes Dasein. Lediglich 1,8 Prozent der Apotheken haben eine entsprechende Lizenz.


Dr. Helga Blasius