Demografischer Wandel

WHO fordert Reformen für Wohlbefinden bis ins Alter

Genf/Berlin - 06.11.2014, 13:03 Uhr


Immer mehr Menschen auf der Welt werden immer älter. Im Jahr 2020 wird erstmals in der Geschichte der Menschheit die Anzahl der über Sechzigjährigen auf der Welt größer sein als die der Kinder unter fünf Jahren. Darauf verweist die Weltgesundheitsorganisation. Dabei steige der Anteil der kranken und gebrechlichen Alten an, weshalb „fundamentale Reformen der Gesundheitssysteme und der sozialen Hilfssysteme nötig“ seien.

Bis 2050 wird die Zahl der über 60-Jährigen von heute 841 Millionen auf über zwei Milliarden klettern. 80 Prozent von ihnen werden außerhalb der reichen Staaten leben. Bislang beruht der Anstieg der Älteren unter anderem auf dem Rückgang der Todesfälle an Herz- und Kreislauferkrankungen in den Industrieländern. WHO-Autoren befürchten im „Lancet“, dass die über 60-Jährigen weltweit künftig nicht gesünder sein werden als ihre heutigen Altersgenossen und viele Krebs sowie Lungen-, Herz- und Muskelkrankheiten bekommen. Hinzu kämen Nervenleiden. Allein die Anzahl dementer Patienten soll sich bis 2050 verdreifachen – von heute 55 Millionen auf etwa 135 Millionen.

Bei diesen Zukunftsaussichten sollte es laut den WHO-Experten eine weltweite Priorität werden, den Menschen ein „gutes Altern“ bei langer Gesundheit zu ermöglichen. Dafür seien „fundamentale Reformen der Gesundheitssysteme und der sozialen Hilfssysteme nötig“. Manche Maßnahmen seien international einsetzbar, aber es sei auch wichtig, dass die Länder den Zustand und die Bedingungen ihrer älteren Bevölkerung beobachten, um so Trends zu erkennen und Gesundheitsprogramme an die jeweiligen Bedingungen anzupassen. Während es aus Ländern wie Brasilien, China, Indien und Südkorea Studien zur Gesundheit der alternden Bevölkerung gibt, fehlen sie aus vielen Regionen außerhalb der Industrieländer.

Die Qualität des Lebens der wachsenden Zahl älterer Menschen zu verbessern, gehe jedoch weit über die rein medizinischen Aspekte hinaus, schreiben die internationalen WHO-Experten im „Lancet“ weiter. Es müssten Anstrengungen unternommen werden, bereits frühzeitig mit kostengünstiger Vorsorge die spätere teure Belastung durch chronische Erkrankungen zu vermeiden. Zudem müssten Bedingungen geschaffen werden, die erlauben, die älteren Menschen in ihrem sozialen Umfeld zu belassen. Hierzu zählen etwa Anreize, sie länger am Arbeitsprozess teilnehmen zu lassen.

Für Deutschland hat Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) erst kürzlich einen Gesetzentwurf vorgelegt, wonach er künftig über Kranken- und Pflegeversicherung rund 510 Millionen Euro in die Gesundheitsprävention stecken möchte. Ein Ziel ist es, dass auch Menschen aus sozial schwachen Schichten Zugang zu Präventionsmaßnahmen bekommen – vor allem Kinder. Im Fokus der Prävention stehen Übergewicht, zu geringe Bewegung, aber auch Rauchen oder übermäßiger Alkoholgenuss. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hat das Programm „Älter werden in Balance“ gestartet. Es soll ältere Frauen und Männer in ihrem Bestreben unterstützen, ein selbstständiges Leben bei guter Lebensqualität bis ins hohe Alter zu führen.


dpa/DAZ.online