Wechsel zur Allianz

Ex-Gesundheitsminister Bahr in der Kritik

Stuttgart - 30.09.2014, 11:54 Uhr


Der Wechsel des ehemaligen Bundesgesundheitsministers Daniel Bahr zur Allianz sorgt für Empörung. Gesundheits- und Sozialpolitiker sowie der Verein Lobbycontrol kritisieren den gestern bekannt gewordenen Wechsel Bahrs in die Versicherungswirtschaft heftig.

„Bahrs Wechsel auf einen hochbezahlten Führungsposten beim Versicherungskonzern Allianz halte ich für anrüchig: Nach noch nicht mal einem Jahr Schamfrist seit seinem Ausscheiden aus dem Ministeramt wechselt er ausgerechnet zu der Branche, die er auch schon als Minister auf das Feinste bedient hat", empört sich die Sprecherin für Arzneimittelpolitik und Patientenrechte der Linksfraktion.

Mit ihrer Kritik ist Vogler nicht allein. Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Christian Bäumler, sagte dem Handelsblatt: „Es ist politisch unerträglich, dass ein Politiker in die Branche wechselt, für deren Regulierung er zuständig war“. Das zerstöre das Vertrauen in die Integrität der Politik. Der Anti-Lobbyismus-Verein Lobbycontrol kritisiert die fehlende „Abkühlzeit“ vor dem Wechsel: „Bahr reiht sich damit ein in die lange Liste von Mitgliedern der schwarz-gelben Bundesregierung, die ohne Karenzzeit oder nach nur kurzer Wartezeit zu Unternehmen oder Verbänden gewechselt sind“, sagte ein Sprecher des Vereins dem Tagesspiegel.

Während seiner Amtszeit als Bundesgesundheitsminister 2011 bis 2013 war Bahr an mehreren Entscheidungen beteiligt, die die private Krankenversicherung (PKV) betrafen. So wurde 2011 der Wechsel in die PKV erleichtert. Seither muss ein Arbeitnehmer nur ein Jahr statt vorher drei Jahre ein Einkommen über der Versichertenpflichtgrenze haben, um sich privat versichern zu können. Ebenfalls unter Bahrs Ägide wurde eingeführt, dass auch die PKV von der frühen Nutzenbewertung und den danach ausgehandelten Erstattungsbeträgen für neue Arzneimittel profitiert. Am bekanntesten ist wahrscheinlich der sogenannte „Pflege-Bahr“. Schon bei seiner Einführung wurde von der damaligen SPD-Opposition kritisiert, dass diese staatlich geförderte private Pflege-Zusatzversicherung der Versicherungswirtschaft mehr diene als der Vorsorge.

Bahr verteidigte seinen Wechsel in die Versicherungswirtschaft in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Durch seine Ausbildung und sein Engagement in den letzten Jahren sei das ein logischer Schritt. „Es wäre ja eher verwunderlich gewesen, wenn ich jetzt für die Automobilindustrie arbeiten würde, wo ich mich ja nicht auskenne.“ Der Wechsel zwischen Wirtschaft und Politik sei sinnvoll und müsse möglich sein – außerdem werde er nicht als Lobbyist tätig sein, sondern im „klassischen Unternehmensgeschäft.“

Bahr ist gelernter Bankkaufmann und hat Volkswirtschaftslehre studiert. Ein berufsbegleitendes Management-Studium mit dem Schwerpunkt International Health Care and Hospital Management hat er mit einem Master of Business Administration abgeschlossen. Seit 2002 war Bahr Bundestagsabgeordneter für die FDP. Nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag im Herbst vergangenen Jahres ging Bahr in die USA, wo er für die Denkfabrik Center for American Progress, die auch US-Präsident Barack Obama bei der Gesundheitsreform berät. Außerdem unterrichtete er Gesundheitsökonomie an der University of Michigan.

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Dr. Benjamin Wessinger


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