Kommentar

Quoten-Aus reicht nicht

München - 16.09.2014, 17:28 Uhr


Auf der Auftakt-Pressekonferenz zum Deutschen Apothekertag hat die Spitze der deutschen Apothekerschaft heute das Problem der Arzneimittelfälschungen thematisiert und eine Abschaffung der Importquote gefordert, die von jeder Apotheke die Abgabe von reimportierten Arzneimitteln verlangt. So wichtig das Thema, so richtig die Forderung – doch eigentlich geht sie nicht weit genug. Ein Kommentar von Benjamin Wessinger.

BAK-Präsident Kiefer hat uneingeschränkt recht: Die Arzneimittelsicherheit ist eine der grundlegenden Aufgaben der Apotheker. Und die Arzneimittelsicherheit ist im Moment ganz offensichtlich durch illegale Arzneimittel in Gefahr. Schuldige daran gibt es viele: Zuallererst natürlich die Kriminellen, die Arzneimittel stehlen, fälschen oder schmuggeln, aber auch Zwischenhändler, die nicht immer so genau hinschauen, welche Ware sie von wem und woher beziehen.

Nicht ganz unschuldig an den Zuständen sind aber auch politische Entscheidungen, gesetzliche Regelungen und wirtschaftliche Strukturen. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass ein Vertriebsweg, der über sechs, sieben oder noch mehr Stufen läuft, schwieriger zu kontrollieren ist als die Kette Hersteller – Großhandel – Apotheke. Deswegen ist dem ABDA-Präsidenten Schmidt zuzustimmen, wenn er fordert, dass der Graumarkt für Arzneimittel eingedämmt wird.

Auch die Forderung, die Importquote abzuschaffen, ist richtig. Die Gefahr ist durchaus real, dass sich ein Apotheker – zumal bei hochpreisigen Arzneimitteln – genötigt fühlt, ein Importpräparat abzugeben, obwohl er Bedenken hat. Bei diesen kann es sich ja auch nur um das viel zitierte „komische Gefühl“ handeln. Das Geschäft der Importeure wäre davon natürlich betroffen (was schon die geharnischte Reaktion des Marktführers Kohlpharma auf die Pressekonferenz zeigt), ein Ende des Parallel- und Reimportes würde es aber wohl nicht bedeuten. Es gibt durchaus eine Reihe von anderen Gründen neben der Quote, warum Apotheker Importe einkaufen und abgeben.

Die Abschaffung der Importquote alleine wäre auch nicht ausreichend, um das Problem der Einschleusung illegaler Arzneimittel in die legale Lieferkette zu verhindern. Wenn die Analyse des DAV-Vorsitzenden Fritz Becker richtig ist, dass der Vertriebsweg umso gefährlicher wird, „je länger und je verwinkelter“ er ist, dann kann die Forderung eigentlich nur lauten: Verbietet den Zwischenhandel, Arzneimittel-Broker und Spot-Geschäfte mit Arzneimitteln.

Großhändler dürften nur noch direkt beim Hersteller einkaufen (nur zur Erinnerung: arzneimittelrechtlich ist der Importeur der Hersteller), die Apotheke nur noch direkt beim Hersteller oder bei einem zertifizierten Großhändler. Und der Patient nur noch in der Apotheke – was ein konsequentes Vorgehen gegen Arzneimittelhandel auf Internetplattformen wie eBay einschließen würde. Dann könnte auch auf aufwendige und teure Sicherheitssysteme wie Securpharm verzichtet werden.


Dr. Benjamin Wessinger