Zustellung aus der Luft

Drohnen-Wettlauf hat begonnen

Mountain View/Berlin - 01.09.2014, 17:16 Uhr


Am Himmel könnte es in Zukunft ziemlich eng werden: Die Internet-Riesen Google und Amazon entwickeln Roboter-Drohnen zur Paketzustellung. Die Vision sei, irgendwann alles Mögliche innerhalb von ein bis zwei Minuten aus der Luft zu liefern, verkündet der Chef des Google-Forschungslabors. Wenn zwei solche Schwergewichte ihren Hut in den Ring werfen, kann man die Bewegung nicht mehr ignorieren.

Noch sind viele Fragen völlig offen. Kann sich die Einzel-Zustellung aus der Luft wirtschaftlich rechnen? Wie sollen neue Regeln zur Steuerung des automatisierten Verkehrs am Himmel aussehen? Was ist mit Risiken durch mögliche Abstürze, Zusammenstöße oder einfach nur elektromagnetische Störungen durch die kleinen Flugobjekte? Wie kann man die Lufttransporte gegen Diebstahl oder gar Sabotage schützen? Es werde Jahre dauern, bis die technischen und rechtlichen Probleme gelöst sind, räumen auch die Unternehmen ein.

Aber Google und Amazon haben auch eine erhebliche politische Durchschlagskraft. „Wir denken, dass Geschwindigkeit entscheidend ist, um das Konsumverhalten von Menschen grundlegend zu verändern“, sagte Google-X-Chef Teller der „Berliner Zeitung“ (BZ). Aus seinen Laboren stammten Projekte wie die Datenbrille „Google Glass“ oder die riesigen Ballons des „Project Loon“, die Internet in entlegene Gebiete bringen sollen. Google-Mitgründer Sergey Brin war eine treibende Kraft hinter dem Drohnen-Projekt.

Schon als Amazon im Dezember überraschend sein Drohnen-Projekt vorstellte, fiel ein Unterschied zwischen der Skepsis in den Medien und der konzentrierten Aufmerksamkeit in betroffenen Branchen auf. Die amerikanische Pizza-Kette Domino‘s zeigte schon vorher, dass sich Pizza mit einem „DomiCopter“ liefern ließe. Und ein New Yorker filmte, wie sich sein Hund von einer Drohne ausführen lässt. Die Deutsche Post testete auf einmal vor ihrer Bonner Zentrale, wie sich per Drohne Medikamente aus einer Apotheke zustellen lassen. Verschiedene deutsche Firmen erarbeiten bereits entsprechende Konzepte.

Die Drohnen-Euphorie fällt in eine Zeit, in der etablierte Logistik-Wege von neuen Herausforderern aus der Internet-Welt aufgemischt werden. „Die Logistikbranche sollte die Programme zur Paketzustellung per Drohne von Google und Amazon sehr ernst nehmen“, warnte Professor Peter Russo, Leiter des Instituts für Transformationen in Wirtschaft und Gesellschaft an der European Business School in der BZ. „Im Logistikbereich sind die etablierten Unternehmen zu sehr auf die Optimierung ihrer bisherigen Geschäftsmodelle fixiert, anstatt darüber nachzudenken, wie der Bereich unter der Nutzung neuer Technologien grundsätzlich deutlich effizienter organisiert werden könnte.“


dpa-AFX/DAZ.online