Vertrauliche Erstattungsbeträge

Kassenchef mit Verständnis für Pharma

Berlin - 20.08.2014, 17:28 Uhr


Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der größten deutschen Krankenkasse, der Techniker Krankenkasse, bezeichnet sich selbst als „Fan von Erstattungsbeträgen“. Sicher freut sich jeder Kassenchef, wenn die Preise für patentgeschützte Arzneimittel im Zaum gehalten werden. Was Baas von seinen meisten Kollegen unterscheiden dürfte ist, dass er nichts dagegen hätte, wenn die Erstattungsbeträge geheim blieben.

Bereits während des Gesetzgebungsverfahrens zum Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) war die Vertraulichkeit der Erstattungspreise ein großes Thema. Während der GKV-Spitzenverband jeden ausgehandelten Preis veröffentlicht wissen will, fürchten die Hersteller, dass die Referenzwirkung der deutschen Preise Auswirkungen auf die Preisbildung in anderen Ländern hat. Für Baas, der vor seiner Kassen-Karriere bei der auch für Pharmafirmen tätigen Unternehmensberatung Boston Consulting Group arbeitete, ist dies „völlig nachvollziehbar“. Die Geheimhaltung sei für ihn daher durchaus diskussionswürdig, sagte er heute bei der Vorstellung des TK-Bestandsmarktreportes.

Beim Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) kam diese Äußerung gut an. Allerdings: „Wir hätten uns gewünscht, dass die TK dies früher geäußert hätte, und den eigenen Verband, den GKV Spitzenverband auf diese Sichtweise hingewiesen hätte“, sagte BPI-Hauptgeschäftsführer Henning Fahrenkamp.

Darüber hinaus zeigte Baas Verständnis, dass sich Hersteller für eine Marktrücknahme entscheiden, wenn sie nach vollzogener früher Nutzenbewertung davon ausgehen müssen, dass für ihr Präparat nur noch ein Preis verlangt werden kann, den sie angesichts der Entwicklungskosten für nicht angemessen halten. „Aber davon bricht die Welt nicht zusammen“, so der TK-Chef. Schließlich gebe es in diesen Fällen Therapiealternativen.

Auch in Bezug auf Rabattverträge zeigt Baas Verständnis gegenüber den Sorgen von pharmazeutischen Unternehmen. Ein Rabatt mache nur Sinn, wenn er mit einer Mengenkomponente verbunden ist. Diese fehle bei den Verträgen jedoch. Das hält die TK allerdings nicht davon ab, Rabattverträge zu schließen.


Kirsten Sucker-Sket


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