US-Gesundheitsreform

Republikaner ziehen Obama vor Gericht

Washington/Berlin - 31.07.2014, 08:58 Uhr


So unmöglich es schien, aber der Streit zwischen den US-Republikanern und Präsident Barack Obama ist tatsächlich noch einmal bizarrer geworden. Die Konservativen nutzten am Mittwoch ihre Mehrheit im Washingtoner Repräsentantenhaus, um eine Resolution zu verabschieden, die eine Klage gegen den Präsidenten in Aussicht stellt. Obama habe die Gewaltenteilung missachtet, als er per Erlass die Inkraftsetzung eines wichtigen Teiles der Gesundheitsreform verzögerte, argumentieren die Republikaner.

Es ist ein beispielloser Schritt: 225 Abgeordnete – alle Republikaner – stimmten für den Beschluss. 201 waren dagegen – alles Demokraten. Das klare Abstimmungsergebnis wirft die Frage auf, ob dem Staatsoberhaupt nun das Wasser bis zum Hals steht. Tatsächlich kann der Kongress gegen den Präsidenten ein Verfahren („Impeachment“) anstrengen, das im Extremfall in der Amtsenthebung endet. Ex-Präsident Bill Clinton kann ein Lied davon singen, auch wenn er es überstand. Richard Nixon trat lieber vorher zurück.

John Boehners Kritik wiegt schwer: „Es geht darum, die Verfassung zu verteidigen, auf die wir einen Eid geschworen haben“, sagte der Vorsitzende des Repräsentantenhauses vor der Abstimmung. Der Republikaner hat die neuerliche Anti-Obama-Offensive angestoßen, angetrieben von den Tea-Party-Anhängern am rechten Rand der Partei. Da die Republikaner das Abgeordnetenhaus dominieren, im Senat die Demokraten das Sagen haben und beide Parteien immer nur streiten, kommen im Kongress kaum bedeutende Gesetze zustande. Also schreibt Obama eigene Verordnungen. Er darf das – nur wie weit er dabei gehen kann, ist nicht ganz klar. Gesetze machen oder ändern ist jedenfalls allein Befugnis des Kongresses.

Diese Gewaltenteilung habe Obama etwa missachtet, als er per Erlass die Inkraftsetzung eines wichtigen Teiles der Gesundheitsreform verzögerte, argumentieren die Republikaner nun. Es ist nicht so, dass sie diese Verschiebung an sich schlimm fanden. Ganz im Gegenteil: Sie hassen das Gesetz und wollen es abschaffen. Doch noch lieber wollen sie Obama in die Schranken weisen. Welche Taten den großen Worten folgen, bleibt aber abzuwarten. Schon vor der Abstimmung bemühten sich ranghohe Republikaner, den Vorgang abzumildern. Obamas Erlasse seien „keine Schwerverbrechen“, sagte der Vize-Präsidentschaftskandidat von 2012, Paul Ryan. Man reagiere verantwortungsvoll auf das Problem – eine Amtsenthebung stehe gar nicht zur Debatte.

Obama selbst scheint der neuen Auseinandersetzung nicht viel Gewicht beizumessen. „Jeder weiß, dass das ein politischer Werbegag ist“, sagte er am Mittwoch. „Hört auf, immer so wütend zu sein. Hört auf, immer so hasserfüllt zu sein. Lasst uns zusammen die Arbeit erledigen“, riet er den Republikanern. Sie sollten Abstimmungen im Kongress lieber für sinnvolle Dinge nutzen. Doch nach Ansicht seiner Unterstützer dürfte das Schauspiel gern noch ein bisschen weitergehen. Schon die bloße Erwähnung des Wortes „Impeachment“ lässt bei den Demokraten die Wahlkampfkassen klingeln. Seit der Ankündigung der Klage habe man mehr als 70.000 neue Spender gefunden und viele zusätzliche Millionen eingesammelt, heißt es von der Parteispitze.


dpa/DAZ.online