DAZ.online Wochenschau

Cannabis aus dem Wintergarten, Coffein aus dem Internet, Vitamine vom Discounter

Stuttgart - 26.07.2014, 08:00 Uhr


Weil Apothekenpräparate zu teuer sind und die Krankenkassen nicht zahlen müssen, darf Cannabis in den eigenen vier Wänden angebaut werden. Weil 100% reines Coffein in den USA gerne über das Internet bezogen wird, warnt die FDA vor potenziell tödlichen Überdosierungen. Weil Discounter nicht beraten können, empfiehlt Ökotest bei Beratungsbedarf zu Gesundheitspräparaten den Gang in die Apotheke. Mehr dazu in unserer Wochenschau.

Wintergarten-Cannabis. Cannabis aus der Apotheke ist für manch Schwerkranken unerschwinglich teuer. Statt die Krankenkassen in die Pflicht zu nehmen, hat das Kölner Verwaltungsgericht nun in Ausnahmefällen den Eigenanbau in den heimischen vier Wänden erlaubt. Reaktionen ließen nicht auf sich warten. Dr. Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer machte deutlich, dass Cannabis gegen Schmerzen die Funktion eines Arzneimittels hat und damit in die Apotheke gehöre. Anbau im Wintergarten könne die notwendige Qualität nicht gewährleisten. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach denkt über Rabattverträge nach, die Deutsche Stiftung Patientenschutz fordert einen von der Kasse zu erstattenden Festbetrag.

Festbetragsärger. Die zum ersten Juli in großem Stil gesenkten Festbeträge führen immer wieder zu turbulenten Szenen in der Apotheke. Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung Karl-Josef Laumann (CDU) hat eine schlichte Erklärung: die Apotheker wimmeln Patienten ab und informieren nicht angemessen. Für Dr. Hans-Rudolf Diefenbach, den stellvertretenden Vorsitzenden des Hessischen Apothekerverbandes (HAV) eine völlig unangebrachte Kritik und eine dreiste Haltung eines für die Situation mitverantwortlichen Politikers. Von offizieller Standesvertretungsseite gab es keine Stellungnahme, der DAV sucht aber immerhin das Gespräch mit Laumann.

„Heilung nicht lieferbar!“ titelt die Online-Ausgabe der Zeit und betreibt Ursachenforschung in Sachen Lieferengpässe. Prof. Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz, wissenschaftlicher Leiter des Zentrallaboratoriums der Deutschen Apotheker, wird mit den Worten zitiert: „Wir erleben eine organisierte Verantwortungslosigkeit. Was Deutschland und Europa fehlt, ist ein strategischer Plan ...“

Gefährdete Männer. Dass alleinlebende Männer größere Compliance- bzw. Adhärenzprobleme haben als Frauen, wurde schon immer vermutet, ebenso, dass ein Optikwechsel von Arzneimitteln nicht Compliance-förderlich ist und Adhärenzprobleme auch aufgrund unterschiedlicher Anweisungen von Arzt und Apotheker entstehen können. Studien zu diesen Themen kommen jetzt zu entsprechenden Ergebnissen.

Aufgeweckte HI-Viren. Die Welt-Aids-Konferenz in Melbourne lässt die Berichterstattung zu HIV und AIDS aufblühen. Wieder einmal ist von Durchbruch und Heilung die Rede. Hoffnungen schürt das Krebsmedikament Romidepsin. Der Histon-Deacetylase-Hemmer soll schlummernde HI-Viren aus den Zellen freisetzen und sie damit für eine Attacke durch Medikamente oder das Immunsystem zugängig machen.

Paracetamol bei Rückenschmerzen? Ja, würde die Antwort lauten, wenn man der Nationalen Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz folgt. Nicht besser als Placebo lautet das Ergebnis einer aktuellen Studie, die soeben im Lancet veröffentlicht worden ist.

Gefährliches Coffein. 100% reines Coffein aus dem Internet zu beziehen ist kein Problem. Problematisch sind jedoch Überdosierungen bei Verwendung des reinen Pulvers. In den USA hat ein Todesfall die FDA veranlasst, vor dem Konsum von reinem Coffein-Pulver zu warnen.

Apotheke statt Discounter. Ökotest hat Gesundheitspräparate bei Discountern getestet und empfiehlt generell, bei Beratungsbedarf in der Apotheke einzukaufen. Denn Antworten auf Fragen zu Risiken und Nebenwirkungen oder bei gleichzeitiger Einnahme weiterer Arzneimittel seien beim Discounter nicht zu erwarten.

Pille danach und Übergewicht. Notfallkontrazeptiva auf Levonorgestrel- oder Ulipristalbasis können weiterhin unabhängig vom Gewicht nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr und Verhütungspannen eingesetzt werden. Das CHMP der EMA konnte nicht erkennen, dass ein erhöhtes Körpergewicht die Wirksamkeit vermindert.


Dr. Doris Uhl