ADHS-Therapie

Studie zeigt keine erhöhte Suizid-Gefahr

Stuttgart - 24.07.2014, 11:28 Uhr


Seit einiger Zeit steht die Frage im Raum, ob eine medikamentöse ADHS-Therapie mit einem erhöhten Suizidrisiko assoziiert ist. Beobachtungsstudien lassen ein erhöhtes Selbstmordrisiko bei frühen Adoleszenten unter einer medikamentösen ADHS-Therapie vermuten. Da große Unsicherheit bei der Interpretation dieser Daten besteht, sollte eine Registerstudie auf der Datenbasis von knapp 38.000 Patienten Klarheit schaffen.

Die erforderlichen Informationen basieren auf Daten von 37.936 zwischen 1960 und 1996 geborenen Patienten, die aufgrund eines ADHS mit den Stimulanzien Methylphenidat, Amphetamin, Dexamphetamin oder dem nicht stimulierenden Atomoxetin behandelt worden waren, und stammen aus mehreren nationalen Registern in Schweden. Es wurden sowohl versuchte und als auch vollendete Selbsttötungen aus den Jahren 2006 bis 2009 analysiert. Primärer Studienendpunkt war die Inzidenz suizidaler Ereignisse während einer ADHS-Therapie verglichen mit behandlungsfreien Phasen.

Im Untersuchungszeitraum waren insgesamt 7019 erfolgte und vollendete Suizide registriert worden. Setzt man diese mit den suizidalen Ereignissen innerhalb der Gesamtpopulation in Beziehung, so traten bei Patienten unter einer medikamentösen ADHS-Therapie häufiger suizidale Ereignisse auf als bei nicht medikamentös behandelten ADHS-Patienten (Hazard Ratio, HR 1,31). Ein Vergleich der Suizidereignisse bei ein und denselben Patienten zu unterschiedlichen Zeitpunkten zeigte aber ein anderes Bild: In den Phasen einer medikamentösen Therapie wurde ein geringeres oder gleichbleibendes Suizidrisiko registriert als in den Episoden ohne medikamentöse Behandlung. Für Patienten unter Stimulanzien ergab sich eine Abnahme suizidbezogener Handlungen (HR 0,81), für Probanden unter nicht-Stimulanzien (Atomoxetin) ein unverändertes Risiko.

Befürchtungen, eine medikamentöse Therapie der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) könnte das Suizidrisiko erhöhen, wurden also nicht bestätigt. Im Gegenteil: Möglicherweise bietet die Einnahme stimulierender Wirkstoffe sogar einen gewissen Schutz vor suizidalen Handlungen.

Quelle: Qi Chen et al. Drug treatment for attention-deficit/hyperactivity disorder and suicidal behaviour: register based study. BMJ published online am 18. Juni 2014; BMJ2014;348:g3769 doi: 10.1136/bmj.g3769


Dr. Petra Jungmayr/DAZ.online


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