Homöopathie gegen Homosexualität?

Grüne erkundigen sich nach „Homo-Heiler-Szene“

Berlin - 08.07.2014, 17:55 Uhr


Was weiß die Bundesregierung über die „Homo-Heiler-Szene“ in Deutschland – und was wird gegen Ärzte, die sogenannte Konversions- oder Reparationstherapien bei den Krankenkassen abrechnen, unternommen? Das wollen die Grünen derzeit in einer Kleinen Anfrage wissen. Der „Bund katholischer Ärzte“ beispielsweise hält die klassische Homöopathie für einen möglichen Therapieansatz gegen homosexuelle Neigungen.

Die Ärztevereinigung katholischer Ärzte hat laut der eigenen Internetseite einen Arbeits- und einen Forschungskreis Homosexualität gegründet, um darin die Homosexualität und ihre Ursachen und Folgen wissenschaftlich zu erforschen und Hilfsmaßnahmen verschiedener Art zu formulieren und zu etablieren. Konkret sollen die Ursachen und Therapien fachübergreifend erforscht, Leitlinien zur Behandlung – unter anderem durch Homöopathie – verfasst und Therapie- und Qualitätsstandards festgelegt werden. Doch es gibt zahlreiche weitere Organisationen, die in Deutschland derartige Pseudotherapien empfehlen, schreiben die Abgeordneten in ihrer Anfrage. Teilweise seien sie Mitglieder in den Spitzenverbänden der Wohlfahrtspflege und nutzten diese für ihre Öffentlichkeitsarbeit.

Der Weltärztebund WMA, dem über 100 nationale Ärzteverbände angehören, beschloss bei seiner 64. Generalversammlung im Oktober letzten Jahres eine Stellungnahme, in der vor diesen Konversions- oder Reparations-Pseudotherapien explizit gewarnt wird und die ärztliche Teilnahme an solchen Pseudotherapien als „unethisch“ und „menschenrechtswidrig“ bezeichnet wird. Auch der 117. Deutsche Ärztetag habe sich deutlich gegen jegliche Stigmatisierung, Pathologisierung oder Benachteiligung von Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierung ausgesprochen, schreiben die Abgeordneten weiter – und die Streichung von Diagnosekategorien gefordert, die Homosexualität pathologisieren oder die Möglichkeit von Behandlungen als Option nahelegen.

Volker Beck und Kollegen verweisen aber auch auf einen Bericht des ARD-Magazins „Panorama“ von Anfang Mai über Ärzte, die Homosexualität für behandelbar halten und den Krankenkassen ihre Veränderungsversuche als „Erörterung einer lebensverändernden Erkrankung“ oder als Behandlung einer „psychischen Störung“ in Rechnung stellen. Und obwohl die Bundesregierung im Jahr 2008 selbst auf die Gefährlichkeit solcher Pseudotherapien hingewiesen habe, so die Abgeordneten, habe die Bundeskanzlerin im Januar letzten Jahres dem Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverband zu seinem 125-jährigen Bestehen gratuliert – obwohl dieser die „Heilung“ von Homosexualität propagiere. „Eine Distanzierung der Bundeskanzlerin […] oder auch nur die Artikulierung eines ‚Unwohlseins‘ […] wurden von der Kanzlerin nicht kundgetan.“

Von der Bundesregierung wollen die Grünen daher wissen, ob die Bundeskanzlerin oder andere Vertreter der Regierung weitere Auftritte dieser Art planen. Welche Organisationen nach ihrer Kenntnis derlei Pseudotherapien anbieten und dafür werben? Ob sogenannte Konversions- oder Reparationstherapien – trotz ihrer Wirkungslosigkeit und ihrer potenziellen Schädlichkeit – vom Leistungskatalog der Krankenkassen erfasst sind? Mit welchen (approbations-)rechtlichen Konsequenzen Ärzte, die diese anbieten, rechnen müssen? Und in welcher Form die Regierung im Sinne des Patientenschutzes und der gesundheitlichen Aufklärung vor den Gefahren solcher Therapien warnt?


Juliane Ziegler


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