Reaktion auf Barmer GEK Arzneimittelreport

Xarelto: Bayer widerspricht „irreführender Darstellung“

Berlin - 28.05.2014, 17:40 Uhr


Der am Dienstag vorgestellte Arzneimittelreport der Barmer GEK sorgt für Zündstoff. Grund ist die Analyse der Studienautoren zu oralen Antikoagulanzien. Professor Dr. Gerd Glaeske hatte in der Pressekonferenz betont, dass das Sicherheitsprofil der neuen Blutgerinnungshemmer – wie zum Beispiel Xarelto® – „nicht abschließend geklärt“ sei. Die neuen Mittel sollten nur dann angewendet werden, wenn Marcumar® nicht infrage komme, so Glaeskes Fazit. Bayer widerspricht dieser Darstellung.

Studienautor Glaeske hatte darauf hingewiesen, dass es bei den neuen oralen Antikoagulanzien „besonders auffällige Ausgabensteigerungen“ bei der Barmer GEK gebe. Vor allem Xarelto® der Firma Bayer rage hier heraus. Bei diesem Arzneimittel seien seit Beginn der Vermarktung Meldungen über unerwünschte Wirkungen durch schwerbeherrschbare Blutungen und über möglicherweise damit zusammenhängende Todesfälle bekannt geworden. Für Xarelto® werde ein Zusammenhang mit 133 Todesfällen im Jahr 2013 diskutiert. Obwohl ein Kausalzusammenhang noch nicht bestätigt werden könne, habe man es bei den neuen Antikoagluantien mit problematischen Arzneimitteln zu tun, so Glaeske. Damit Patienten nicht gefährdet werden, sei dringend eine Schaden-Nutzen-Bewertung erforderlich. Darüber hinaus kritisierte Glaeske, dass keine wirksamen Gegenmittel vorhanden seien, um unerwünschte Blutungen zu stillen – daher könnten diese tödlich enden. „Solange aber bei Rivaroxaban und Dabigatran das Sicherheitsprofil und das Nutzen-Schaden-Verhältnis nicht abschließend geklärt worden sind, sollten diese Wirkstoffe auch nur bei Patientinnen und Patienten eingesetzt werden, für die Vitamin-K-Antagonisten wie Phenprocoumon oder Warfarin keine Option darstellen“ heißt es im Report.

Bayer widerspricht der „irreführenden Darstellung“, dass neue Gerinnungshemmer problematische Arzneimittel seien. Xarelto® habe in klinischen Studien in den zugelassenen Indikationen gezeigt, dass er Patienten mit einem Risiko für folgenschwere Blutgerinnsel einen wirksamen und verträglichen Schutz böte. Das Sicherheitsprofil von Xarelto® im klinischen Alltag werde laufend überprüft, entspreche den Daten der klinischen Studien und bestätige das positive Nutzen-Risiko-Profil.

Dass Xarelto® Glaeske zufolge nur angewendet werden sollte, wenn Marcumar® nicht infrage kommt, ist für Bayer nicht nachvollziehbar. Die Wirkung von Xarelto® sei aufgrund der pharmakologischen Eigenschaften besser vorhersehbar und die Einnahme mit weniger Einschränkungen verbunden als es bei Vitamin-K-Antagonisten (VKA) der Fall sei. Es bewirke eine vorhersagbare Antikoagulation, bei der kein routinemäßiges Gerinnungsmonitoring oder regelmäßige Dosisanpassung erforderlich sei. Das Risiko von Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln sei zudem niedrig und auch mit Nahrungsmitteln seien keine klinisch relevanten Wechselwirkungen bekannt. „Diese Vorteile haben VKA nicht“, stellt Bayer klar.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) macht indes deutlich, dass sich bei der auf europäischer Ebene durchgeführten Risikoüberwachung unter anderem für Xarelto® „derzeit keine neue Risikolage“ ergebe. Dem BfArM liegen für 2013 insgesamt 102 Verdachtsberichte zu Todesfällen von Menschen vor, die zuvor mit Xarelto® behandelt worden sind. Das BfArM betont, dass es sich dabei um Verdachtsfälle handele, die „keinen Aufschluss darüber geben, ob die Todesfälle kausal durch die Anwendung des Arzneimittels verursacht worden sind“. Dem tödlichen Verlauf könnten auch andere Umstände zugrunde liegen, etwa die Grunderkrankung selbst. Mit Blick auf die zahlenmäßigen Veränderungen der Verdachtsmeldungen müsse zudem beachtet werden, dass die Verordnungszahlen von Xarelto® in den letzten Jahren deutlich gestiegen sind. Gleichwohl ist es aus Sicht des BfArM unerlässlich, auch die bereits bekannten und in der für den Arzt zur Verfügung stehenden Fachinformation beschriebenen Risiken in der ärztlichen Praxis „lückenlos zu berücksichtigen“.


Annette Lüdecke


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