Musterstreitverfahren endgültig beendet

Null-Retax-Verfassungsbeschwerden erfolglos

Berlin - 27.05.2014, 14:05 Uhr


Die Verfassungsbeschwerden gegen die Null-Retax-Urteile des Bundessozialgerichts sind gescheitert. Die beiden Apotheker, die die Urteile im Musterstreitverfahren mit der TK nicht auf sich sitzen lassen wollten, sind damit am Ende ihres Rechtsweges angelangt. Sollen Retaxationen auf Null künftig doch unmöglich gemacht werden, müssten die Rahmenvertragspartner oder der Gesetzgeber hierfür sorgen.

Im Juli letzten Jahres hatte das Bundessozialgericht sein Urteil gefällt: Ein Apotheker, der bei Vorliegen eines Rabattvertrages das Substitutionsgebot ohne Grund verletzt, hat keinen Vergütungsanspruch gegen die Krankenkasse. Eine Nullretaxation sei nicht zu beanstanden. Hiergegen legten die Apotheker, mit denen die TK den Musterstreit führte, Verfassungsbeschwerde ein. Doch auch damit kamen sie nicht weiter. Anders als die Apotheker sah das Gericht keine Grundrechte verletzt – darum nahm es die Beschwerden nicht zur Entscheidung an.

Die vom Bundessozialgericht vorgenommene Auslegung der sozialrechtlichen Normen (§ 129 SGB V) und des Rahmenvertrags zwischen GKV-Spitzenverband und Deutschem Apothekerverband bewegt sich nach Meinung der Verfassungsrichter „im Rahmen herkömmlicher Rechtsfindung“. Sie fanden keine Hinweise darauf, dass das Bundessozialgericht durch den vollständigen Vergütungsausschluss unverhältnismäßig in die durch Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz gewährleistete Berufsfreiheit eingegriffen hat. Die vom Bundessozialgericht gewählte Auslegung sei geeignet, dem genannten Gemeinwohlbelang – der Sicherung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung – zu dienen.

Die Auffassung der Apotheker, die pauschale Null-Retaxation sei nicht erforderlich, weil es mildere und differenziertere Mittel gebe, um den Abgabevorschriften Wirksamkeit zu verleihen, überzeugte die Verfassungsrichter nicht. Es wäre zwar milder, den Apothekern im Falle der Abgabe eines Nicht-Rabattvertragsarzneimittels die „Sowiesokosten“ zuzusprechen, gestanden sie zu. Allerdings sei dieser Weg nicht in gleicher Weise geeignet – im Gegenteil: Der Ausschluss jeglicher Vergütung zeige wegen der weitergehenden Nachteile für die Apotheken stärkere Wirkungen für die Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots. Der vollständige Vergütungsausschluss ist ihrer Meinung nach auch zumutbar, weil die Apotheker es „selbst in der Hand haben, ihre Vergütungsansprüche durch ein pflichtgemäßes, dem Substitutionsgebot entsprechendes Ausgabeverhalten zu verdienen und für sich zu sichern“.

Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Mai 2014, Az. 1 BvR 3571/13 und 1 BvR 3572/13


Juliane Ziegler/Kirsten Sucker-Sket


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