Stiftung Warentest

„Apothekenberatung eher schlecht“

Berlin - 24.04.2014, 09:45 Uhr


Apotheken kommen ihrer Beratungspflicht zu wenig nach – das gilt für Vor-Ort- ebenso wie für Versandapotheken. Zu diesem Urteil kommt die Stiftung Warentest in ihrer Mai-Ausgabe, für die 21 Vor-Ort-Apotheken sowie 17 Versandapotheken verdeckt getestet wurden. Insgesamt 8 der 38 Apotheken erhielten die Note „gut“. Während die Versender besser beim Erkennen von Wechselwirkungen abschnitten, informierten die Apotheken vor Ort solider zu OTC-Präparaten.

Die Apotheken wurden von neun geschulten Testern aufgesucht. Zu den sieben Aufgaben gehörten drei zu Wechsel­wirkungen, drei zu rezept­freien Medikamenten und eine Rezeptur. „Am Service hapert es nicht, sondern an der fachlichen Qualität“, erklären die Tester. Gerade bei den Wechselwirkungen: Diese erkannten die Versandapotheken besser als die Vor-Ort-Apotheken. Im Vergleich zum Vortest der Warentester (Mai 2010) hätten die Versender „fachlich aufgeholt“. Sämtliche Wechselwirkungen erkannte am Ende nur eine Versandapotheke, die zum Zusammenspiel der Medikamente „ausführliche Infos“ gab.

Vor Ort bereitete diese Aufgabe den Apotheken mehr Probleme: „Die Mitarbeiter vor Ort wirkten verunsichert und hektisch“, erklärt eine Testerin. „Sie tippten im Computer herum, murmelten oft vor sich hin und informierten mich recht knapp.“ Schriftliche Hinweise habe es nicht gegeben, keiner habe zudem das Angebot der Tester genutzt, später wiederzukommen, um in Ruhe zu recherchieren. Entsprechend dünn seien die Ergebnisse: Nur vier Vor-Ort-Apotheken sprachen alle wichtigen Wechselwirkungen an. Dass die Versandkonkurrenz mehr Treffer erzielte, erklären sich die Tester damit, dass diese vielleicht öfter die apothekenüblichen Computerprogramme nutzen.

Als besonders „fatales“ Beispiel führt Warentest ein Rezept mit Tamoxifen und Paroxetin an. Das Antidepressivum könnte die Wirksamkeit von Tamoxifen aufheben, heißt es – „und dadurch eine Patientin mit überstandenem Brustkrebs in die Gefahr bringen, dass die Krankheit wiederkehrt“. Gleichwohl hätten zehn der Versand- und fast alle Vor-Ort-Apotheken beide Medikamente kommentarlos abgegeben. „Vielleicht vertrauten die Mitarbeiter darauf, dass der Arzt das Richtige tut, oder scheuten sich, einen möglichen Ärztefehler anzusprechen“, so die Vermutung. Doch: Apotheker hafteten laut einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln bei groben Ärztefehlern mit. „Blindes Vertrauen auf die Verordnung darf es nicht geben, denn auch ein Arzt kann irren.“

Die absichtlich zu hoch konzentrierte Rezeptur über eine Lösung zur Wundbehandlung stellten sieben Apotheken „unverdrossen“ her oder verkauften ohne ärztliche Rücksprache eine ebenfalls zu hoch konzentrierte industrielle Lösung. Die übrigen erkannten den Fehler und fertigten „meist gute oder sehr gute Rezepturen“ an. Zwei örtliche und sieben Versandapotheken sahen sich dagegen außerstande, die Lösung herzustellen, weil die Ausgangsstoffe gerade nicht zu bekommen seien. Kein Argument für die Tester – zur Not gebe es schließlich den Speziallieferanten.

Zu OTC-Präparaten informierten Vor-Ort-Apotheken „umfassender und solider“ als die Versender. Kritik gibt es dennoch: Vier örtliche Apotheken empfahlen Vomex A für ein Kleinkind in einer fünffach zu hohen Dosis. Insgesamt – auch bei den Versendern – fragten die Mitarbeiter zu wenig nach, obwohl dies für die individuelle Beratung erforderlich wäre.


Juliane Ziegler