Ärztemangel

GKV-Spitzenverband: Qualität statt Quantität

Berlin - 27.02.2014, 12:06 Uhr


In der medizinischen Grundversorgung fehlen schon jetzt mehrere tausend Ärzte – und es wird noch schlimmer werden, mahnt die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). Der GKV-Spitzenverband hält dagegen: „Einfach nur mehr Ärzte löst keine Versorgungsprobleme“ – die Ärzteschaft solle besser neue Möglichkeiten zur besseren Versorgung der Patienten aktiv ausbauen und nutzen.

Laut Informationen der „Bild“-Zeitung, die sich auf eine Statistik der KBV bezieht, sind derzeit bereits 2600 Hausarzt- und zusätzlich 2000 Facharztsitze unbesetzt. Und dieses Problem wird sich nach Meinung der Ärzte noch weiter verschärfen: „Bis 2020 werden rund 51.000 Ärzte altersbedingt ausscheiden“, warnt der KBV-Vorsitzende Andreas Köhler laut der Zeitung. Das betreffe vor allem die hausärztliche und fachärztliche Grundversorgung.

Die Krankenkassen fordern indes Reformen, um den Problemen zu begegnen: „In Deutschland gibt es so viele Ärzte wie noch nie“, erklärt der GKV-Spitzenverband in einer Mitteilung – sowohl Haus- wie auch Fachärzte. Bei letzteren gebe es praktisch flächendeckend eine Überversorgung. Zudem liege das Einkommen der niedergelassenen Ärzte „auf einem Rekordniveau und mit durchschnittlich 166.000 Euro brutto pro Arzt weit über dem Durchschnitt der Bevölkerung“. Trotzdem gebe es für die Patienten teilweise lange Wartezeiten und in wenigen Regionen im hausärztlichen Bereich erstmals auch Versorgungslücken.

Statt der bisherigen Konzentration auf die klassische Einzelarztpraxis fordert der stellvertretende Vorstandsvorsitzender des Verbandes, Johann-Magnus von Stackelberg, die Ärzteschaft daher auf, auch in der ambulanten Versorgung mehr Kooperationen und Anstellungsmöglichkeiten zu schaffen – damit jungen Ärzten der Weg in die Praxis und aufs Land erleichtert werde. „Die Zunahme multimorbider Patienten und die steigende Komplexität der medizinischen Versorgung erfordern auch im vertragsärztlichen Bereich multidisziplinäre Teamstrukturen.“

Zudem mahnt er an, dass hierzulande „viel zu wenige Hausärzte ausgebildet“ werden. 40 Prozent der niedergelassenen Ärzte seien als Hausärzte tätig. Damit sei schon heute der Hausärztemangel von morgen vorgezeichnet. „Hier haben die Länder bei der Universitätsausbildung und die ärztliche Selbstverwaltung bei der Organisation der Weiterbildung sowie bei der Ausgestaltung von Bedarfsplanung und Zulassungsrecht keinen guten Job gemacht“, so von Stackelberg. Die Ausbildung an den Hochschulen müsse der hausärztlichen Basisversorgung einen zentralen Stellenwert einräumen – die ärztliche Selbstverwaltung dürfe nicht nur auf „Spezialistentum“ setzen.

Von Stackelberg verweist des Weiteren darauf, dass es „klare Hinweise“ dafür gebe, dass die Qualität der von den Ärzten dokumentierten Diagnosen nicht ausreichend sei: Laut ärztlicher Diagnosen sei die Anzahl der Diabetiker jährlich um acht Prozent gestiegen – laut den Daten des Robert-Koch-Instituts nur um knapp zwei Prozent. „Es ist völlig inakzeptabel, wenn Diagnosen übertrieben aufgeschrieben werden, um mehr Honorar für die Ärzteschaft herauszuholen“, betont der stellvertretende Verbandsvorsitzende. Die von den Ärzten aufgeschriebenen Diagnosen seien keine geeignete Basis für die Steigerung der ärztlichen Vergütung, hier müsse der Gesetzgeber neue Bedingungen schaffen.


Juliane Ziegler