Rabattverträge unwirksam

AOK verstößt gegen Vergabevorschriften

Berlin - 17.02.2014, 15:43 Uhr


Eine direkte Rabattvertragsvergabe ohne vorherige Bekanntmachung ist den gesetzlichen Krankenkassen nur in sehr engen Grenzen gestattet. Bei Verstößen gegen die Vorschriften werden die geschlossenen Rabattverträge für unwirksam erklärt. So erging es der AOK, die solche direkten Verträge geschlossen hatte. Dagegen wehrte sich Kohlpharma und bekam am Ende recht.

Mitte Mai 2013 schloss die AOK Baden-Württemberg für ihren Geschäftsbereich für die Dauer von zwei Jahren direkte Rabattverträge über die Arzneimittel Genotropin® (Somatropin), Simponi® (Golimumab), Remicade® (Infliximab) und Extavia® (Interferon beta-1b) ohne dies zuvor bekannt zu machen. Kohlpharma erfuhr über die nachträglichen Bekanntmachungen von der Vergabe und stellte bei einer der Vergabekammern des Bundes Nachprüfungsanträge. Die Vergabekammer gab dem Importeur recht, erklärte die geschlossenen Verträge für unwirksam und forderte die AOK Baden-Württemberg zudem auf, vor dem erneuten Abschluss ein offenes Verfahren durchzuführen.

Die daraufhin von der Kasse eingelegten sofortigen Beschwerden blieben ohne Erfolg. Mit der direkten Vergabe habe die AOK „in mehrfacher Hinsicht gegen Vergabevorschriften verstoßen“, erklären die Richter des Oberlandesgerichts Düsseldorf. Die Kasse habe die Rabattverträge nicht ohne einen vorherigen Teilnahmewettbewerb abschließen dürfen. Die direkte Vergabe sei nämlich nur zulässig, wenn der Auftrag „wegen seiner technischen oder künstlerischen Besonderheiten oder aufgrund des Schutzes von Ausschließlichkeitsrechten (z.B. Patent, Urheberrecht) nur von einem bestimmten Unternehmen durchgeführt werden“ könne. Dies zu beweisen sei der AOK im Prozess allerdings nicht gelungen – und es sei tatsächlich auch nicht anzunehmen.

Die Richter verweisen in ihren Beschlüssen darauf, dass Arzneimittelimporteure nicht von der Rabattvertragsvergabe ausgeschlossen werden dürfen. Die AOK hatte im Verfahren angezweifelt, dass Importeure den Beschaffungsbedarf der gesetzlichen Kassen überhaupt decken können. Kohlpharma könne die Wirkstoffe aber gleichfalls liefern, heißt es in den Beschlüssen. Die Kasse habe den Beschaffungsbedarf allerdings so definiert, dass die benötigte Gesamtmenge des jeweiligen Wirkstoffs nur bei einem Rabattvertragsabschluss mit dem Vertriebsunternehmen eines Herstellers zuverlässig geliefert werden könne. Doch diese Vergabepraxis führe dazu, dass Importeure „auf lange Sicht, wenn nicht gar endgültig“ von der Auftragsvergabe ferngehalten oder jedenfalls ausgegrenzt würden – und das sei wettbewerbswidrig und diskriminierend.

Die Richter lehnten auch den Einwand der AOK ab, die kontinuierliche Versorgung der Versicherten mit ein und demselben Arzneimittel erfordere diese Praxis – „nach der Regel: keine Experimente durch eine Umstellung der Medikation“. Die Kasse habe nicht geltend gemacht, dass ihre Versicherten bislang ausschließlich oder auch nur mehrheitlich die Präparate der jeweiligen Rabattpartner bezogen hätten, konstatieren die Richter. Das Argument, der Bezug der Wirkstoffe bringe eine Reihe von Mehrleistungen mit sich (Langzeitbeobachtungen, Informationsmöglichkeiten und Schulungen für Patienten) akzeptierten sie ebenfalls nicht: Solche Leistungen habe die Kasse bislang nicht gefordert – und sie könne auch nicht wissen, ob Importeure diese nicht ebenfalls anbieten würden.

Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschlüsse vom 11. Dezember 2013 (Az. VII-Verg 25/13) bzw. 18. Dezember 2013 (Az. VII-Verg 21/13 und VII-Verg 24/13) – rechtskräftig


Juliane Ziegler