Adipositas im Kindesalter

„Generation Mops“

Davos - 05.02.2014, 09:45 Uhr


Auch wenn neueste Zahlen auf eine Stagnation der Prävalenz der Adipositas bei Schulkindern hindeuten, sind sie immer noch alarmierend: Heute sind rund 50 Prozent mehr Jugendliche übergewichtig als Anfang der 1990er Jahre. Die Zahl der adipösen Jugendlichen hat sich seitdem sogar verdoppelt. Aber was tun? Denn mittlerweile weiß man, dass es mit mehr Bewegung und weniger Essen nicht getan ist.

Schulungsprogramme zur Adipositastherapie sind nur bei einer Minderheit der Kinder und Jugendlichen langfristig wirksam, nämlich bei 10 Prozent. Noch ernüchternder wird diese Zahl, wenn man erfährt, dass sich diese Zahl auf die Kinder und Jugendlichen bezieht, die an entsprechenden Programmen teilgenommen haben – und das sind nur etwa 50 Prozent der behandlungsbedürftig Übergewichtigen.

Für Prof. Dr. Martin Wabitsch von der Adipositasambulanz der Uniklinik Ulm ist deshalb klar, dass Adipositas im Kinder- und Jugendalter mit herkömmlichen Methoden wie Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie weitgehend therapieresistent ist. Denn ist der „Setpoint“, der innere Richtwert für das Körpergewicht, erst einmal „nach oben verstellt“, gibt es bisher keinen Weg, das wieder rückgängig zu machen, wie Wabitsch auf dem Pharmacon-Fortbildungskongress in Davos erläuterte.

Wabitsch fordert ein Umdenken im Umgang mit übergewichtigen Kindern. Übergewicht sei eben nicht das Resultat der persönlichen Lebensführung. Kinder und Jugendliche zu mehr Bewegung und gesünderer Ernährung zu drängen, führe deshalb zu permanenten Frustrationserlebnissen. Denn der Adipositas liegt oft eine gestörte Regulation des Energiehaushaltes zugrunde. Diese wiederum kann ein Ergebnis einer fetalen Fehlprogrammierung bereits während der Schwangerschaft oder gar genetisch bedingt sein und entzieht sich der willentlichen Beeinflussung. Der heutige Lebensstil – Kinder bewegen sich weniger, energiereiche sogenannte Kinder-Lebensmittel werden massiv beworben – tut dann das Übrige.

Der Ausweg aus dieser Situation liegt für Wabitsch in der Prävention. Anders als Behandlungsprogramme zeigten beispielsweise Gesundheitsprogramme in Schulen durchaus Erfolge. Auch mittelfristig kann mit ihnen die Zahl der übergewichtigen Kinder und Jugendlichen signifikant gesenkt werden.


Julia Borsch