Aufreger Alemtuzumab

Bundesregierung: „Ein seltener Einzelfall“

Berlin - 10.01.2014, 15:02 Uhr


Der Fall Alemtuzumab sorgt noch immer für Aufregung. Sanofi hat den Wirkstoff als Leukämie-Mittel (MabCampath®) 2012 vom deutschen Markt genommen und über sein Tochterunternehmen Genzyme deutlich teurer als MS-Mittel (Lemtrada®) wieder auf diesen zurückgebracht. Die Linksfraktion im Bundestag machte den Fall nun erneut zum Gegenstand einer Kleinen Anfrage.

Die Linksfraktion bezog sich in ihrer Anfrage auf einen Kontraste-Beitrag des Rundfunk Berlin-Brandenburgs (rbb) aus dem vergangenen Dezember. Darin wird unter anderem kritisiert, dass sich Lemtrada® nicht der Nutzenbewertung unterziehen muss. Zudem solle das neu auf den Markt gebrachte Präparat statt 21 Euro pro Milligramm nun 886 Euro kosten. Viele prominente kritische Stimmen kamen zu Wort – darunter ADKA-Präsident Torsten Hoppe-Tichy und der Vorsitzende der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, Wolf-Dieter Ludwig.

Die von Kontraste genannten Preise bestätigt Fischbach ihrer Antwort. Ebenso räumt sie ein, dass sich Lemtrada® nicht der Nutzenbewertung unterziehen muss. Die Nutzenbewertung beschränke sich auf Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen, wobei ein solcher solange als neu gelte, wie für das erstmalig zugelassene Arzneimittel Unterlagenschutz bestehe. Weil die Zulassung von MabCampath® bereits 2001 – und damit über zehn Jahre – zurückliege, bestehe kein Unterlagenschutz mehr.

Karl Lauterbach (SPD) zeigte sich in dem Kontraste-Beitrag ebenfalls empört über den Fall Alemtuzumab und kündigte an, die Gesetzeslücke schließen zu wollen. Im Koalitionsvertrag fand dieses Vorhaben allerdings keinen Eingang. Und auch Fischbach erklärt auf die Frage der Linken, ob die Bundesregierung Änderungsbedarf bei den geltenden Regelungen zur Arzneimittelversorgung sehe, dass sich diese grundsätzlich bewährt hätten. Sie gewährleisteten eine „zuverlässige medizinische Versorgung der Bevölkerung mit sicheren und wirksamen Arzneimitteln“. Gleichwohl sehe die Regierung das Zusammenspiel von Nutzenbewertung und anschließenden Preisverhandlungen „als lernendes System, das bei Bedarf weiterentwickelt werden kann“. Rückwirkende Gesetzesänderungen seien nur unter besonderen Voraussetzungen zulässig, betont Fischbach. Diese Möglichkeit könne nur anhand eines konkreten Regelungsvorschlags geprüft werden.

Auf die Frage, ob die Bundesregierung der Aussage zustimme, dass eine „angemessene gesetzliche Regelung“ infolge des Avastin®/Lucentis®-Falls den Fall MabCampath®/Lemtrada® hätte verhindern können, antwortet Fischbach klar mit Nein. Die Fälle seien nicht vergleichbar – schließlich handele es sich bei Avastin® und Lucentis® um zwei unterschiedliche Wirkstoffe, dies sei bei der Sanofi-Substanz gerade nicht der Fall.  

Die Linke sieht auf jeden Fall eine Gesetzeslücke, die schleunigst behoben werden sollte. Die Pharmaindustrie setze weiter ihre „unethische Beutelschneiderei“ fort, erklärte die Bundestagsabgeordnete Kathrin Vogler. „Unverschämt nutzt sie jede Gesetzeslücke aus, um ihre Gewinne zu maximieren.“ Die Regierung müsse hier dringend nachbessern, denn wer eine neue Zulassung brauche, dürfe um eine frühe Nutzenbewertung nicht herum kommen. „Für Lemtrada ist es dafür zu spät – ein Grund mehr, die Bewertung bereits zugelassener Mittel nicht abzuschaffen, wie die Koalition es vereinbart hat. Lemtrada und seine Therapiealternativen müssen gleich auf die to do-Liste der Arzneimittelprüfer.“

Auch Sanofi und Genzyme sehen durchaus eine Gesetzeslücke. Allerdings weisen die Unternehmen es von sich, diese auszunutzen. Sie seien vielmehr bereit, sich mit Lemtrada® der Nutzenbewertung durch den G-BA zu stellen. Das Unternehmen bemüht sich vorerst weiter, mit einzelnen Krankenkassen Versorgungsverträge zu schließen.

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Juliane Ziegler/Kirsten Sucker-Sket


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