Bluthochdruck und Uromodulin

Rätsel der Kochsalzsensitivität gelöst

09.12.2013, 10:00 Uhr


Das Protein Uromodulin ist wesentlich an der Rückresorption von Kochsalz in der Niere beteiligt. Wahrscheinlich ist es auch dafür verantwortlich, dass bestimmte Personen kochsalzsensitiv sind.

Seit Jahren ist bekannt, dass bestimmte Personen auf die Einnahme von Kochsalz mit einer Erhöhung des Blutdrucks reagieren, andere jedoch nicht. Der Grund dafür war nicht ganz klar. Mediziner um Olivier Devuyst an der Universität Zürich haben dazu eine neue Theorie veröffentlicht: Verantwortlich ist das in der Niere synthetisierte Protein Uromodulin.

Uromodulin kommt in recht hohen Konzentrationen im Primärharn vor und ist deshalb schon seit mehr als 50 Jahren bekannt. Es war auch beobachtet worden, dass Personen mit einer stark unterdurchschnittlichen Uromodulin-Konzentration häufiger unter Nierensteinen und Harnwegsinfekten litten. Doch mit den entsprechenden protektiven Effekten sind die Funktionen des Uromodulins nicht erschöpft, denn es trägt auch wesentlich zur Rückresorption von Natrium- und Chlorid-Ionen in der Henle’sche Schleife bei. Kleine Variationen in der Promotorregion des Uromodulin-codierenden Gens UMOD haben zur Folge, dass die Expression des Gens erheblich erhöht sein kann – mit gravierenden Folgen für die NaCl-Rückresorption und den Blutdruck und bei älteren Personen auch für die Gesundheit der Niere.

An gentechnisch veränderten Mäusen konnten die Zürcher Forscher die Zusammenhänge zwischen der Uromodulin-Konzentration und dem Grad der NaCl-Rückresorption klar nachweisen. Seine Wirkung entfaltet es, wie In-vitro-Versuche ergaben, über den renalen Na/K/2Cl-Cotransporter NKCC2, der auch das Target des Schleifendiuretikums Furosemid darstellt. Entsprechend konnte bei den Mäusen mit hohen Uromodulin-Konzentrationen der erhöhte Blutdruck durch die Gabe von Furosemid normalisiert werden.

Dass es überhaupt kochsalzsensitive Menschen gibt, lässt sich evolutionsbiologisch erklären. Der prähistorische Mensch litt in seinen meisten Habitaten unter Kochsalzmangel. Wer kochsalzsensitiv war, hatte also einen gewissen Überlebensvorteil – aber nur zeitweise, denn im Laufe der Jahrzehnte führt die erhöhte Uromodulin-Konzentration zur chronischen Nierenerkrankung (CKD). Hier zeigt sich ein ähnliches Dilemma wie bei der genetischen Prädisposition für Adipositas und Diabetes: Was für den Urmensch vorteilhaft war, macht heute krank. 

Quelle: Trudu M, et al. Common noncoding UMOD variants induce salt-sensitive hypertension and kidney damage by increasing uromodulin expression. Nat Med, Epub 03.11.2013.

 


Dr. Wolfgang Caesar