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Ärzte kritisieren Koalitionspläne zu Wartezeiten

Berlin - 08.11.2013, 12:14 Uhr


Bei den Ärzten stößt die Ankündigung von Union und SPD, allen gesetzlich Versicherten künftig Facharzttermine innerhalb von vier Wochen zu garantieren, auf heftige Kritik. Eine pauschale Vierwochenfrist sei kritisch zu hinterfragen, merkt die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) an. Stattdessen müssten Lösungen für überlastete Praxen gefunden werden.

 „Unsere Patientenbefragungen der Forschungsgruppe Wahlen haben gezeigt, dass rund 80 Prozent der rund 6.000 befragten Versicherten keine Probleme mit der Wartezeit hatten und Termine entweder sofort oder deutlich unterhalb von vier Wochen bekommen haben“, so Dr. Andreas Köhler, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV.) Ob eine pauschale Vierwochenfrist ohne Prüfung der medizinischen Indikation sinnvoll sei, sei „kritisch zu hinterfragen“. Wenn man die Fachärzte und die Kassenärztlichen Vereinigungen in die Pflicht nehme, dann müssten auch Lösungen gefunden werden, wie man die heute schon häufig überlasteten Praxen entlaste.“

Wenn die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung dies nicht ermöglicht, sollen die Betroffenen stattdessen in ein Krankenhaus gehen können. Bezahlt werden müsste dies dann aus dem Budget der Praxisärzte. Das kündigten die Verhandlungsführer von Union und SPD, Jens Spahn und Karl Lauterbach, an: „Das ist ein wesentlicher Schritt in Richtung Abbau der Zwei-Klassen-Medizin“, sagte Lauterbach.

„Gesetzlich Versicherte zahlen bis zu 350 Euro Beitrag im Monat. Wir finden, dafür muss auch eine zeitnahe Terminvermittlung möglich sein“, sagte Spahn. „Es ist eine deutliche Ansage, die wir machen.“ Wie dies im Detail geregelt wird, ließen die Politiker offen. Heute wenden sich Patienten in der Regel direkt an Arztpraxen und nicht an die Kassenarzt-Vereinigungen.

Der Vorsitzende des Ärztebunds MEDI GENO Deutschland, Dr. Werner Baumgärtner, sieht in den aktuellen Plänen der Arbeitsgruppe Gesundheit eine „neue absurde Kampagne gegen die niedergelassenen Fachärzte.“ Das bedeute, dass die niedergelassenen Fachärzte weiterhin budgetiert blieben und die Krankenhäuser die gleichen Behandlungen ohne Budget erbringen dürften, kritisiert Baumgärtner und ergänzte: „Das würde dazu führen, dass die Facharztpraxen im Wettbewerb mit den Krankenhäusern auf der Strecke bleiben.“

Der Hartmannbund sieht in dem Vorschlag „bloße Luftakrobatik". Der Vorsitzende des Hartmannbundes, Dr. Klaus Reinhardt, kommentierte diese Pläne so: „Es ist doch wirkungslose Politik für die Kulisse, hier zwei Akteure in den Wettbewerb zu schicken, die jeder für sich bereits jetzt im Kern unterfinanziert und – auch personell – am Rande ihrer Leistungsfähigkeit sind.“ Wie sollten Krankenhäuser, die ihren Betrieb vielfach nur noch durch Honorarärzte und ausländische Kolleginnen und Kollegen aufrecht erhalten könnten, die ambulante Facharztversorgung entlasten?


Lothar Klein


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