Rezeptbetrug

Bewährungsstrafen für Apotheker und Ärzte

Berlin - 07.11.2013, 14:52 Uhr


Durch gewerbsmäßigen Rezeptbetrug bescherten sie Krankenkassen einen Schaden von über 200.000 Euro: Das Amtsgericht Neu-Ulm hat einen Apotheker aus dem Raum Tübingen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt – auf Bewährung. Zwei beteiligte Ärzte erhielten eine acht- bzw. elfmonatige Bewährungsstrafe, eine weitere Ärztin eine Geldstrafe von 3.600 Euro.

Wie die „Südwest Presse“ berichtet, ging das Gericht davon aus, dass der 77-jährige Apotheker Drahtzieher des gewerbsmäßigen Betrugssystems war, bei dem er und die beiden Ärzte die Krankenkassen systematisch hinters Licht führten, um sich eine zusätzliche Einnahmequelle zu sichern. Die Ärztin nahm die Richterin dagegen vom Vorwurf der kriminellen Energie aus, weil ihr lediglich drei Fälle nachgewiesen wurden – und damit deutlich weniger als ihren Mitangeklagten: Bei ihnen kamen Staatsanwaltschaft und Gericht in den Jahren 2004 bis 2009 insgesamt auf 2.700 Fälle.

Laut der Zeitung erhielt der Apotheker in dieser Zeit zahlreiche Blanko-Rezepte von den Ärzten, von denen er viele doppelt abrechnete – mit Krankenkassen und Berufsgenossenschaften. Des weiteren wurden Rezepte auf Namen von Patienten ausgestellt, obwohl diese die Arzneimittel nie erhielten. Neben vergünstigten Medikamenten, Spritzen und Infusionen für den Praxisbedarf zahlte der Apotheker den Ärzten als finanzielle Beteiligung 1.000 Euro pro Quartal. Erst 2009 wurden Prüfstellen und Krankenkassen stutzig, und der Schwindel flog auf.

Das Urteil fiel relativ mild aus, weil sich Gericht, Staatsanwalt und Verteidiger auf einen Deal einigten. Die Angeklagten gestanden und bereuten ihre Taten. Damit verkürzten sie das Verfahren erheblich und erhielten im Gegenzug Freiheitsstrafen, die zur Bewährung ausgesetzt wurden, bzw. eine Geldstrafe. Die beiden zu Bewährungsstrafen verurteilten Ärzte arbeiten heute in Kliniken und sollen zur Begründung ihrer Taten „finanzielle Not“ angegeben haben. Einer soll häufig teure Medikamente aus eigener Tasche bezahlt haben müssen, weil die Kassen die Kosten nicht übernehmen wollten. Der Apotheker hat seine Apotheke laut der „Südwest Presse“ inzwischen an seine Töchter übergeben und 150.000 Euro an die Krankenkassen zurückgezahlt.


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