GKV-Schätzerkreis

BVA-Präsident: Kassen bekommen genug Geld

Berlin - 11.10.2013, 14:37 Uhr


Der Präsident des Bundesversicherungsamtes (BVA), Dr. Maximilian Gaßner, bedauert, dass der GKV-Schätzerkreis gestern zu keiner einvernehmlichen Prognose für die Ausgaben der Krankenkassen im Jahr 2014 gekommen ist. Forderungen des GKV-Spitzenverbandes nach höheren Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds wies er zurück. Pharmaverbände fürchten, der GKV-Spitzenverband untergrabe mit seinen Forderungen die Autorität des Expertengremiums.

Der GKV-Schätzerkreis, der sich aus Experten des Bundesgesundheitsministeriums (BMG), des BVA und des GKV-Spitzenverbandes zusammensetzt, geht mehrheitlich davon aus, dass die Zuweisungen an die Kassen im Jahr 2014 um 7,7 Mrd. Euro auf insgesamt 199,6 Mrd. Euro steigen werden. Mit diesen Ausgaben rechnen sowohl BMG als auch BVA. Der GKV-Spitzenverband hat sich dieser Einschätzung allerdings nicht angeschlossen. Er geht für das nächste Jahr von Ausgaben in Höhe von 201,1 Mrd. Euro aus und fordert demzufolge rund 9,2 Mrd. Euro mehr aus dem Gesundheitsfonds.

Dr. Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, verteidigte die Differenz um 1,5 Mrd. Euro und mahnte: „Werden die Ausgaben zu gering geschätzt, so steigt das Risiko, dass die Versicherten mancher Krankenkassen Zusatzbeiträge zahlen müssen. Da zugleich aber die Einnahmen des Gesundheitsfonds weiter sprudeln, fürchten wir, dass das Geld der Beitragszahler zur Konsolidierung des Bundeshaushalts herhalten soll.“

Gaßner seinerseits weist darauf hin, dass der Schätzerkreis die zu erwartenden Einnahmen des Gesundheitsfonds und die zu erwartenden Ausgaben der Krankenkassen „realistisch zu schätzen“ habe. Hierbei seien außerordentliche Effekte, wie etwa der Wegfall des Preismoratoriums und der erhöhten Pharmarabatte im Jahre 2014, zu berücksichtigen. Es sei jedoch nicht Aufgabe des Gremiums, durch eine Überschätzung der Ausgaben Einfluss auf die politische Festlegung zur Höhe des Bundeszuschusses zu nehmen oder die außerordentliche Finanzlage einzelner Krankenkassen zu verbessern. „Kassenpolitische Erwägungen haben in dem verwaltungstechnischen Instrument des Schätzerkreises nichts verloren. Sie desavouieren seine wissenschaftliche Seriosität und die Glaubwürdigkeit des Zuweisungssystems“, so Gaßner.

Beim Verband forschender Pharma-Unternehmen (vfa) kann man Gaßner nur unterstützen. vfa-Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer warnte vor einer Instrumentalisierung des Schätzerkreises für Kasseninteressen: „Politische Zahlen mögen einzelnen Akteuren kurzfristig helfen. Langfristig untergraben sie die Glaubwürdigkeit der Gesundheitspolitik und führen zu Fehlentscheidungen. Der Streit um die Zahlen offenbart den Versuch des Schönrechnens."

Beim Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) stellt man sich angesichts der unterschiedlichen Ausgabenprognosen die Frage, ob der GKV-Spitzenverband den GKV-Schätzerkreis für „taktische Spielchen“ nutzen wolle. BPI-Hauptgeschäftsfüher Henning Fahrenkamp fühlt sich an die Zeit vor der letzten Regierungsbildung erinnert. Damals hatten die Kassen ein dramatisches Defizit prognostiziert. Die Politik griff zu drastischen Sparmaßnahmen, vor allem im Arzneimittelmarkt. Die Folgen für die Pharmaindustrie – und auch für die Apotheken – sind bekannt. Heute verzeichnen Kassen und Fonds gemeinsam ein beachtliches Finanzpolster. Fahrkenkamp mahnt: Die Politik sollte sich die weitere Entwicklung sehr genau anschauen. Sie dürfe „möglichen Fehleinschätzungen, die einzig aus Kasseninteressen geleitet sind, nicht auf den Leim gehen“.


Kirsten Sucker-Sket