Vaginalkapseln

EuGH zur Abgrenzung Arzneimittel/Medizinprodukt

Berlin - 07.10.2013, 16:02 Uhr


Ein Präparat kann in einem EU-Mitgliedstaat als Medizinprodukt und in einem anderen als Arzneimittel eingestuft werden. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem aktuellen Vorabentscheidungsverfahren entschieden – Gegenstand des Streits ist die Einstufung von Vaginalkapseln als Arzneimittel.

Bis 2008 wurde Gynocaps in Finnland als mit einer CE-Kennzeichnung versehenes „Medizinprodukt oder Zubehör“ vertrieben – in einigen anderen Mitgliedstaaten noch heute (Spanien, Frankreich, Italien, Österreich). Als die finnische Zentralstelle für Sicherheit und Entwicklung von Arzneimitteln über den Vertrieb eines lebende Milchsäurebakterien enthaltenden und daher mit Gynocaps vergleichbaren Vaginalpräparats unterrichtet wurde, entschied sie, dass Gynocaps als Arzneimittel einzustufen sei. Infolgedessen war nunmehr eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erforderlich.

Das finnische Unternehmen wehrte sich gegen diese Entscheidung vor Gericht. Doch das Verwaltungsgericht Helsinki entschied, dass Gynocaps in Finnland als Arzneimittel eingestuft werden darf, auch wenn das Präparat in einer Reihe anderer Mitgliedstaaten als Medizinprodukt vertrieben wird. Laboratoires Lyocentre legte gegen dieses Urteil Rechtsmittel zum Obersten Verwaltungsgericht ein. Dort setzten die Richter das Verfahren aus, um dem EuGH einige grundsätzliche Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen.

Dieser entschied nun, dass die in einem Mitgliedstaat vorgenommene Einstufung eines Erzeugnisses als Medizinprodukt mit CE-Kennzeichnung nicht ausschließt, dass die zuständigen Behörden eines anderen Mitgliedstaats dieses Präparat aufgrund seiner pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Wirkungen als Arzneimittel einstufen. Zudem kann ein Erzeugnis, das mit einem anderen als Arzneimittel eingestuften Erzeugnis zwar nicht identisch ist, aber denselben Bestandteil enthält und dieselbe Wirkungsweise hat, in ein und demselben Mitgliedstaat grundsätzlich nicht als Medizinprodukt vertrieben werden, es sei denn, eine relevante Eigenschaft verlangt, dass es als Medizinprodukt eingestuft und vermarktet wird. Ob dies im vorgelegten Ersuchen der Fall ist, muss nun das vorlegende Gericht prüfen.

Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 3. Oktober 2013, Rechtssache C‑109/12


Juliane Ziegler