Genetik

Mutation für Epilepsie im Kindesalter entdeckt

Kiel - 17.08.2013, 08:00 Uhr


Mehr als 50 Millionen Menschen weltweit haben eine Epilepsie, ein Drittel davon sind Kinder. Einem Verbund aus zwei Forschungsnetzwerken ist es gelungen, das erste Krankheitsgen für idiopathische fokale Epilepsien zu identifizieren.

Mehr als 50 Millionen Menschen weltweit haben eine Epilepsie, ein Drittel davon sind Kinder. Die häufigsten Epilepsieformen bei Kindern sind idiopathische fokale Epilepsien. Sie treten ohne erkennbare Ursache auf und betreffen nur bestimmte Hirnregionen.

Für die Studie untersuchten die Forscher das Genmaterial von insgesamt 400 Patienten mit idiopathischer fokaler Epilepsie. Bei 7,5 Prozent der Erkrankten fanden sie Veränderungen des Gens GRIN2A. Die Veränderungen führen zu Störungen der Funktion eines wichtigen Ionenkanals im Gehirn, der die elektrische Erregbarkeit von Nervenzellen beeinflusst. Dies kann vermehrte elektrische Entladungen im Gehirn und damit das Auftreten epileptischer Anfälle erklären.

Nach Aussagen der Forscher gibt diese Entdeckung erstmals Hinweise auf den zugrundeliegenden Krankheitsmechanismus von häufigen Epilepsieformen des Kindesalters. Die neu entdeckten Veränderungen von GRIN2A stören die Funktion des sogenannten NMDA-Rezeptors, eines wichtigen Ionenkanals im Gehirn. Sein Ionenfluss beeinflusst und bestimmt die elektrische Erregbarkeit von Nervenzellen.

Diese Erkenntnisse sind aus zwei Gründen wichtig: So spielen Funktionsstörungen von Ionenkanälen generell eine zentrale Rolle bei der Entstehung von Epilepsien. Zudem wirken die meisten zur Behandlung der Epilepsie angewendeten Arzneimittel über solche Ionenkanäle und hemmen dadurch überaktive Nervenzellen.

Welche Vorgänge genau die Mutationen des Gens GRIN2A im NMDA-Rezeptor auslöst, ist noch unbekannt. Das Verständnis dieser Vorgänge sei aber Voraussetzung für die Entwicklung neuer, besser wirksamer und verträglicherer antikonvulsiver Arzneimittel, wie Dr. Johannes Lemke erklärte, Oberarzt der Abteilung Humangenetik am Inselspital Bern, der in Kooperation mit der CeGaT GmbH in Tübingen an der Studie beteiligt war.

Literatur: Lemke, J. R., et al.: Mutations in GRIN2A cause idiopathic focal epilepsy with rolandic spikes. Nature Genetics 2013, Online: doi: 10.1038/ng.2728


Dr. Bettina Hellwig