IQWiG bewertet Ocriplasmin

Zusatznutzen für Patienten mit leichter Symptomatik

Berlin - 08.08.2013, 16:45 Uhr


Der Wirkstoff Ocriplasmin (Jetrea® von Alcon Pharma) zur Behandlung von Erwachsenen mit vitreomakulärer Traktion (VMT) kann bei einigen Patienten die Sehschärfe verbessern und Operationen vermeiden. Zu diesem Ergebnis kommt das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) in der frühen Nutzenbewertung für das seit März 2013 zugelassene Augenarzneimittel.

Der Glaskörper des Augapfels (Corpus vitreum) schrumpft mit dem Älterwerden und löst sich normalerweise von der Retina ab. Bei Menschen mit VMT verläuft die Ablösung nicht vollständig, der Glaskörper bleibt stellenweise an der Netzhaut kleben. Dadurch kann ein Zug im Bereich des schärfsten Sehens (Makula) und dadurch ein verzerrtes oder unscharfes Bild bis hin zum Sehverlust entstehen. Das Enzym Ocriplasmin soll die Eiweißverbindung zwischen dem Glaskörper und der Retina lösen und dadurch die Sehstörungen beheben. Dazu wird sie einmalig in den Glaskörper des Auges injiziert. Möglicherweise lässt sich so eine Operation ersparen.

Gemäß den Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) hat das IQWiG das neue Arzneimittel unter die Lupe genommen. Die Kölner Wissenschaftler kommen zu dem Ergebnis, dass es für die Teilpopulation der Patienten mit leichten Sehbeeinträchtigungen einen Hinweis auf einen erheblichen Zusatznutzen von Ocriplasmin gibt – das ist die höchstmögliche Stufe für einen Zusatznutzen. Vergleichstherapie war hier das „beobachtende Abwarten“. In der Gruppe von Patienten mit mittelschweren Sehbeeinträchtigungen machte das IQWiG immerhin noch einen Hinweis auf einen beträchtlichen Zusatznutzen aus.

Das Dossier des Herstellers enthielt laut IQWiG lediglich Daten für die leichte Symptomatik – sie umfasste leichte bis mittelschwere Sehbeeinträchtigungen. Für Patienten mit schweren Symptomen legte Alcon keine Daten zum Vergleich mit der vom G-BA zweckmäßigen Vergleichstherapie – der operativen Entfernung des Glaskörpers (Vitrektomie) – vor. Allerdings beanspruchte der Hersteller für diese Patientengruppe auch keinen Zusatznutzen.

Das IQWiG stellte nach Auswertung der Daten fest: Nach der Behandlung mit Ocriplasmin konnten mehr Patienten mit leichten Symptomen (unabhängig von der Stufe der Sehbeeinträchtigung) auf einer Sehtesttafel mindestens zwei zusätzliche Zeilen erkennen als in der Vergleichsgruppe. Das bedeutet, sie konnten alle Buchstaben, die sie vor der Behandlung aus einer Entfernung von 4 Metern erkannt hatten, nun auch aus knapp 6,5 Metern erkennen. Durchaus ein Hinweis auf einen beträchtlichen Zusatznutzen für das IQWiG.

Die Studien zeigten außerdem, dass bei leichter Symptomatik seltener eine Vitrektomie notwendig wird, wenn mit Ocriplasmin behandelt wird, statt gar nichts zu unternehmen. Anders als bei der Sehschärfe gebe es hier aber Unterschiede bei den Stufen der Sehbeeinträchtigung: Bei leichten Beeinträchtigungen gebe es einen Hinweis auf einen erheblichen Zusatznutzen und bei mittelschweren Sehbeeinträchtigungen einen Anhaltspunkt für einen nicht quantifizierbaren (höchstens beträchtlichen) Zusatznutzen.

So kommt es in der Gesamtschau für die beiden unterschiedlichen Subpopulationen einmal zu einem Hinweis auf einen erheblichen und einmal auf einen beträchtlichen Zusatznutzen.

Nun wird der G-BA das übliche Stellungnahmeverfahren durchführen und letztlich abschließend über den Zusatznutzen des Augenarzneimittels befinden.


Kirsten Sucker-Sket