Bundesgerichtshof

Endgültiges Aus für Winthrop-Partnerprogramm

Berlin - 16.07.2013, 09:10 Uhr


Es bleibt dabei: Das Winthrop-Partnerprogramm, mit dem sich Apotheken verpflichten, bevorzugt Arzneimittel von Winthrop und Sanofi-Aventis abzugeben, verstößt gegen Apothekenrecht und ist unzulässig. Das Pharmaunternehmen hatte sich in mehreren Instanzen gegen diese Auffassung gewehrt und am Ende Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof eingelegt – ohne Erfolg.

Am Winthrop-Partnerprogramm teilnehmende Apotheken sollten Arzneimittel von Winthrop und Sanofi-Aventis bei der Abgabe an Kunden „bevorzugt berücksichtigen“ – und zwar in allen Fällen, in denen eine Substitution des verschriebenen Arzneimittels nicht ausgeschlossen war und dem Apotheker eine Wahlfreiheit offenstand. Im Gegenzug profitieren sie von einem günstigeren Einkaufspreis: Die Arzneimittel gab es im Wege des Direktbezug zum Herstellerabgabepreis (HAP). Die Bayerische Apothekerkammer sah darin eine unlautere Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit der Apotheke, schaltete die Wettbewerbszentrale ein, die vor Gericht zog.

Mit Erfolg: Sowohl das Berliner Landgericht als auch das Kammergericht Berlin entschieden gegen das Geschäftsmodell. Hinsichtlich des angebotenen Preisnachlasses lehnte das Kammergericht zwar einen Verstoß gegen das Zuwendungsverbot (§ 7 Abs. 1 HWG) oder eine unangemessene Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit der Apotheker (§ 4 Nr. 1 UWG) ab. Pharmaunternehmen dürften Arzneimittel auch direkt – ohne Einschaltung von Großhändlern – an Apotheken abgeben. Allerdings verstößt das Geschäftsmodell aus Sicht der Kammerrichter gegen § 10 ApoG, der es Apothekern verbietet, bestimmte Arzneimittel bevorzugt abzugeben.

„Der Wortlaut dieser Vorschrift ist zwanglos erfüllt“, heißt es im Urteil. Denn beteiligte Apotheker sollten bestimmte Arzneimittel des Pharmaunternehmens bevorzugt abgeben. § 10 ApoG solle gerade verhüten, dass der „Arzneimittelschatz der Apotheken durch Bindung an die Waren bestimmter Hersteller zum Schaden einer geordneten Arzneimittelversorgung beschränkt wird“. Der Apotheker könne so in einen Interessenkonflikt geraten, erklären die Richter. Beispielsweise wenn keines der mit Wahlfreiheit verschriebenen Arzneimittel vorrätig sei, aber die Beschaffung des zu bevorzugenden Arzneimittels im direkten Bezug deutlich länger dauern würde als die Beschaffung eines Konkurrenzproduktes über den Großhandel.

Oder im Fall einer Arzneimittelunverträglichkeit: Zwar belasse die Formulierung „bevorzugt zu berücksichtigen“ einen gewissen Spielraum. Dieser sei aber weitgehend unbestimmt und führe den Apotheker in einen „Interessenwiderstreit zwischen dem fachlich Gebotenen und der durch das Partnerprogramm auferlegten Verpflichtung zur Bevorzugung“, wenn die Risiken in einem Grenzbereich lägen, in dem eine Bevorzugung der Arzneimittel „zwar noch nicht (eindeutig) fehlerhaft wäre, die Bevorzugung eines Konkurrenzproduktes aber jedenfalls risikoärmer“ erscheine. Insoweit untersagte auch das Kammergericht das Geschäftsmodell und ließ keine Revision zu.

Dagegen wehrte sich Winthrop und legte Nichtzulassungsbeschwerde ein. Diese lehnten die Richter des BGH nun aber ebenfalls ab: Die Rechtssache habe weder grundsätzliche Bedeutung noch sei die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Mit der Zurückweisung ist die Entscheidung des Berliner Kammergerichts nun rechtskräftig. Die Bayerische Landesapothekerkammer sieht in der Entscheidung eine Stärkung der inhabergeführten Apotheke: Damit werde bestätigt, dass Belange des Patientenwohls vom Apotheker in heilberuflicher Entscheidung unabhängig von pekuniären Interessen Dritter bei der Arzneimittelauswahl Berücksichtigung finden müssten.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 4. Juli 2013, Az. I ZR 195/12


Juliane Ziegler