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Nokardiose bei Lymphopenie durch Dimethylfumarat

11.06.2013, 10:11 Uhr


Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft berichtet von einem Fall, bei dem sehr wahrscheinlich eine durch Fumaderm® verursachte schwere Lymphopenie dazu beigetragen hat, dass sich eine systemische opportunistische Infektion (Nokardiose) entwickeln konnte.

Bestandteil von Fumaderm® sind Dimethylfumarat sowie drei Salze von Ethylhydrogenfumarat. Es wird auf Grund seiner immunmodulatorischen und antientzündlichen Wirkung gegen Psoriasis eingesetzt.

Der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) wurde der Fall eines 42-jährigen Patienten berichtet, der wegen einer Psoriasis seit etwa sechs Jahren Fumaderm® in einer Dosierung von bis zu sechs Tabletten pro Tag (empfohlene Höchstdosis) eingenommen hatte. Er entwickelte über etwa ein Jahr rezidivierend Pneumonien, die mit verschiedenen Antibiotika behandelt wurden. Aufgrund von Fieberschüben und reduziertem Allgemeinzustand wurde er stationär aufgenommen. Dort wurde ein präperitonealer Abszess der Bauchwand entdeckt, aus dem in der Kultur Nokardien nachgewiesen werden konnten. Für die Suche nach weiteren Manifestationen der Nokardieninfektion wurde eine MRT des Kopfes durchgeführt. Diese bildgebende Untersuchung zeigte zusätzlich einen Hirnabszess von 14 mm Durchmesser, der neurochirurgisch nicht behandlungsbedürftig war. Sehr wahrscheinlich hat die durch Fumaderm® verursachte schwere Lymphopenie dazu beigetragen, dass sich diese opportunistische Infektion mit schwerem Verlauf entwickeln konnte.

Nokardien sind ubiquitär im Erdboden und in organischem Material in der Umwelt auftretende aerob wachsende Actinomyceten. Sie können primäre Infektionen der Haut über direkten Kontakt mit Wunden hervorrufen oder systemische opportunistische Infektionen (Nokardiose). Daher sind unter einer Therapie mit Fumarderm® auch bei Fehlen infektiöser Begleiterkrankungen regelmäßige Kontrollen von Leukozytenzahl und Differenzialblutbild erforderlich. Kommt es unter Behandlung zu einer schweren Lymphozytopenie (< 500 Lymphozyten/µl) oder zu einer potenziell bedrohlichen Infektionserkrankung, sollte Fumarsäure sofort abgesetzt werden. Dies muss sowohl in der Behandlung der Psoriasis als auch beim neuen Anwendungsgebiet multiple Sklerose beachtet werden.

Fumaderm® ist zugelassen zur Behandlung von mittelschweren bis schweren Formen der Psoriasis vulgaris, wenn eine alleinige äußerliche Therapie nicht ausreichend ist. In den USA wurde Dimethylfumarat (Tecfidera®) auf der Basis der Ergebnisse von zwei klinischen Studien zur Behandlung der schubförmigen multiplen Sklerose bei erwachsenen Patienten zugelassen. Für diese Indikation liegt auch von der Europäischen Arzneimittelagentur ein positives Votum vor, so dass in Europa mit der Zulassung gerechnet wird. Bei der Behandlung der Psoriasis beträgt die Tageshöchstdosis 720 mg Dimethylfumarat, bei der MS wird eine Erhaltungsdosis vom 480 mg Dimethylfumarat täglich empfohlen.

  

Quelle: AkdÄ Drug Safety Mail 29–2013 vom 10. Juni 2013.


Dr. Carolina Kusnick