116. Deutscher Ärztetag in Hannover

Wie viel Wettbewerb verträgt unser Gesundheitssystem?

Hannover - 28.05.2013, 10:45 Uhr


Wie kann die Entwicklung des Gesundheitssystems zukunftsfest ausgestaltet werden? Wie können die ärztliche Freiberuflichkeit und die ärztliche Versorgung auf Dauer sichergestellt werden? Und welche Auswirkungen hat der seit Jahren zunehmende Wettbewerb im Gesundheitswesen auf die Versorgung. Dies sind Schwerpunktthemen, mit denen sich der Deutsche Ärztetag, der vom 28. bis 31. Mai in Hannover stattfindet, beschäftigen wird.

Bereits im Vorfeld des Ärztetages kritisierte der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Prof. Dr. Ulrich Montgomery, die zunehmende Ökonomisierung des Gesundheitswesens. In einem Interview mit der Wochenzeitung „Die Zeit“ (23. Mai 2013) sagte er: „Wenn es um die Versorgung von Patienten geht, macht zu viel Wettbewerb bei Kassen und Krankenhäusern keinen Sinn. Er ist sogar unethisch.“

Er kritisierte erneut die mengenorientierten Bonusvergütungen in Chefarztverträgen und verwies in diesem Zusammenhang auf die mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft gefassten Empfehlungen, wonach mit leitenden Ärzten keine ausschließlich auf Mengen gründenden Zahlungen vereinbart werden dürfen.

Thema auf dem Ärztetag wird auch die Zukunft des deutschen Krankenversicherungssystems sein. Montgomery hob hier den hohen Stellenwert der privaten Krankenversicherung (PKV) hervor. So plädierte er in einem Interview im Morgenmagazin für den Erhalt des dualen Systems von GKV und PKV. Die PKV sei schneller als andere bereit, auch innovative Therapien zu bezahlen. Damit würden sie den schwerfälligen gesetzlichen Krankenkassen Druck machen: „An dieser Stelle nützt der Wettbewerb. Die Versorgung für alle Patienten wäre ohne PKV schlechter“, stellte Montgomery heraus.

Der Ärztekammerpräsident räumte ein, dass es in unserem heutigen System zu einer bevorzugten Terminvergabe oder zu kürzeren Wartezeiten für Privatversicherte kommen könne. Die Unterschiede zwischen GKV und PKV wirkten sich jedoch nicht auf die Behandlung selbst aus.

Eine einheitliche Bürgerversicherung führe dagegen erst recht in eine Zweiklassen-Medizin, da sich Besserverdienende Zusatzversicherungen leisten oder direkt teurere Behandlungen erkaufen könnten. Die Bürgerversicherung sei der „Turbolader“ für die Zweiklassenmedizin. "In einem Land mit freier Marktwirtschaft wird es immer bessere und hübschere medizinische Angebote geben. Die können sich dann aber wirklich nur noch die Reichen leisten", warnte der BÄK-Präsident. 

Der Ärztetag, an dem 250 Ärztinnen und Ärzte als Delegierte teilnehmen werden, wird sich darüber hinaus mit der Optimierung der ärztlichen Weiter- und Fortbildung befassen und mit den Auswirkungen der Armut auf die Gesundheit.


Peter Ditzel