Immunsystem

Neutrophile können um Hilfe rufen

28.05.2013, 13:50 Uhr


Wenn Krankheitserreger eindringen, locken sich neutrophile Granulozyten gegenseitig an und bilden große Schwärme, um die Eindringlinge gemeinsam zu bekämpfen. Einem Team von Forschern ist es nun gelungen, die molekularen Grundlagen dieser Hilferufe zu entschlüsseln

Neutrophile Granulozyten, kurz „Neutrophile“, können zum Beispiel Eindringlinge zerstören und verletzte Gewebeteile verdauen. Sie werden im Knochenmark gebildet und mit dem Blutstrom im Körper verteilt. Auf ihrer Jagd nach Erregern können sie auch in Gewebe eindringen. Hat eine der Fresszellen einen Erreger gefunden, sendet sie Signale aus. Daraufhin finden sich Schwärme von Fresszellen zusammen, die gemeinsam die Eindringlinge bekämpfen.

Eine Schlüsselrolle kommt dabei der Substanz LTB4 zu, welche an einen Rezeptor an der Oberfläche der Fresszellen andockt. Bei LTB4 handelt es sich um ein Leukotrien, das Entzündungsreaktionen des Körpers einleitet und aufrechterhält. Die Neutrophilen können selbst LTB4 ausschütten, um andere Neutrophile anzulocken und umgekehrt auch über ihre Rezeptoren wahrnehmen und entsprechend reagieren.

Die Forscher schalteten bei Mäusen systematisch Gene für die Ausbildung verschiedener Rezeptoren aus, die für die Wanderung dieser Zellen wichtig sind. Mit Zwei-Photonen-Mikroskopen beobachteten sie, wie sich Neutrophilen-Schwärme um einen 0,01 Millimeter kleinen hitzebedingten Schaden bildeten, und hielten dies als Filmaufnahmen fest. Fehlte der Rezeptor für das LTB4, konnten sie kaum Schwarmverhalten beobachten, weil nur sehr wenige Neutrophile angelockt wurden.

Dann spritzten sie Mäusen Bakterien unter die Haut und zeichneten mit den Spezialmikroskopen das Verhalten der Fresszellen im drainierenden Lymphknoten auf. In den Filmaufnahmen ist deutlich zu erkennen, dass sich die leuchtend markierten Neutrophilen in Form eines Schwarms zusammenballen, wenn das LTB4 an die Fresszellen andockt.

Die Zusammenballung zu einem Schwarm ermöglicht eine sehr hohe lokale Konzentration an antibakteriellen Wirkstoffen, die durch die Neutrophilen ausgeschüttet werden. Die Forscher vermuten daher, dass somit der Verbreitung von Keimen entgegengewirkt wird. Die Schwärme lösen sich nach einiger Zeit wieder auf, um sich dann an anderen Stellen neu zu bilden. Möglicherweise wird auf diese Weise unerwünschter Gewebeschaden durch Neutrophile verhindert.

Literatur: Lämmermann, T., et al.: Nature 2013. Online: doi: 10.1038/nature12175


Dr. Bettina Hellwig