LSG-Urteil zum Bestandsmarktaufruf der Gliptine

vfa: Kritische Rechtsschutzeinschränkung

Berlin - 16.05.2013, 11:29 Uhr


Die Nutzenbewertung der Wirkstoffgruppe der Gliptine kann ihren weiteren Lauf nehmen. Gestern hatte das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg die Klagen der Novartis Pharma GmbH gegen den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) wegen des Bestandsmarktaufrufs der Gliptine abgewiesen. Der G-BA sieht sich bestätigt, die forschenden Pharmaunternehmen bedauern die Entscheidung.

Aus Sicht von Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA, hat das LSG gestern eine Entscheidung getroffen, die gewährleistet, dass Nutzenbewertungsverfahren sachgerecht durchgeführt werden können. Der Rechtsschutz für Unternehmen werde hierdurch nicht verkürzt. „Denn nach wie vor besteht die Möglichkeit, nach einer Schiedsamtsentscheidung nach Abschluss des Verfahrens Klage einzureichen", so Hecken.

Die Hauptgeschäftsführerin des Verbands forschender Pharmaunternehmen (vfa), Birgit Fischer, hält die Entscheidung hingegen mit Blick auf die Rechtsschutzsituation betroffener Unternehmen für „bedauerlich“. Hier setze sich eine Linie fort, die auch der aktuellen AMG-Novelle vorschwebt: Rechtsschutz gibt es erst am Ende des Verfahrens – „und damit zu spät“, so Fischer. Denn dann gebe es keinerlei Korrekturmöglichkeit im Laufe des Verfahrens sondern erst ganz am Schluss. „Wir sehen das auch mit Blick auf das verfassungsrechtliche Gebot eines effektiven Rechtsschutzes sehr kritisch!“, so Fischer.

Über die LSG-Entscheidung enttäuscht zeigte sich auch Novartis selbst. Dennoch betonte das Unternehmen, es erkenne in jedem Fall die Absicht des Gesetzgebers an, Nutzenbewertungen nicht nur für neue, sondern auch für Bestandsarzneimittel durchzuführen.

Nach der Gerichtsentscheidung wird die Nutzenbewertung für die beiden Novartis-Präparate Galvus® (Vildagliptin) und Eucreas® (Vildagliptin und Metformin) und nach dem vorgesehenen Verfahren fortgesetzt. Das Unternehmen erwartet die Entscheidung des G-BA im Herbst 2013.

Auf den Ausgang dieser ersten Bestandsmarkt-Nutzenbewertung darf man gespannt sein. Bislang tut sich der G-BA mit den oralen Antidiabetika schwer. Das neuere Linagliptin (Trajenta® von Boehringer Ingelheim und Lilly) hat bereits zwei Mal die frühe Nutzenbewertung durchlaufen, ohne dass ihm ein Zusatznutzen bescheinigt wurde. Die Kombination Saxagliptin + Metformin (Komboglyze® von AstraZeneca und Bristol-Myers Squibb) bekam dagegen kürzlich mit einem knappen Votum einen Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen zugesprochen. Der Beschluss wurde zusätzlich auf zwei Jahre befristet - die Unternehmen sollen zunächst noch weitere Daten vorlegen.


Kirsten Sucker-Sket