Berufsgericht Gießen

750 Euro Geldbuße für Rezeptprämie

Gießen - 01.05.2013, 08:41 Uhr


Was wettbewerbsrechtlich zulässig sein mag, kann berufsrechtlich durchaus Konsequenzen haben: Das Berufsgericht für Heilberufe bei dem Verwaltungsgericht Gießen hat eine Easy-Apothekerin wegen der Auslobung einer Prämie von bis zu 3 Euro pro Rezept wegen Verstoßes gegen die Vorschriften der Arzneimittelpreisbindung verurteilt. Ihr wurde unter Erteilung eines Verweises eine Geldbuße von 750 Euro auferlegt.

Die Apothekerin hatte im November 2010 in ihrem Einzugsbereich über Zeitungsannoncen und Flyer für die „easyRezept-Prämie“ geworben. Darin hieß es: „Für die Einlösung eines Rezeptes bekommen Sie pro verschreibungspflichtigem Arzneimittel einen 1,00 EURO-Einkaufsgutschein geschenkt – sofort einlösbar! Pro Rezept erhalten Sie für maximal drei Arzneimittel einen Einkaufsgutschein. Einkaufsgutscheine können nur beim Kauf von nicht-rezeptpflichtigen Artikeln eingelöst werden. Eine Barauszahlung des Gutscheinbetrags und eine Auszahlung von Restbeträgen ist nicht möglich.“

Die Landesapothekerkammer Hessen sieht in dieser Auslobung eine Vergünstigung für Kunden der Apotheke, die der Umgehung der Preisbindung für apotheken- bzw. verschreibungspflichtige Arzneimittel dienen soll. Die beschuldigte Apothekerin argumentierte dagegen, sie habe ihre Apotheke – eine Filialapotheke – damals neu eröffnet, und Werbemaßnahmen zur Kundenbindung müssten ihr rechtlich möglich sein, um ein auskömmliches Betriebsergebnis zu erreichen. Ein Preiswettbewerb unter Apothekern sei im Hinblick auf die im Grundgesetz verankerte Freiheit der Berufsausübung zuzulassen.

Der Bundesgerichtshof hatte im September 2010 entschieden, dass derartige Rx-Boni wettbewerbsrechtlich unzulässig sind, wenn sie geeignet sind, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern „spürbar“ zu beeinträchtigen. Das Berufsgericht weist in seiner Pressemitteilung darauf hin, dass teilweise die Auffassung vertreten werde, im Hinblick auf das Postulat der „Einheit der Rechtsordnung“ oder den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz müsse diese „Spürbarkeitsschwelle“ auch im öffentlichen Recht (z. B. bei Untersagungsverfügungen) oder im disziplinarähnlichen Berufsrecht – wie hier – angewendet werden. Bei der Auslobung von einem Euro pro Medikament sei diese Geringfügigkeitsschwelle nicht überschritten.

Das hessische Berufsgericht folgte dieser Auffassung allerdings nicht und verurteilte die Apothekerin. Schon kurz zuvor hatte es eine andere Apothekerin, die 50 Cent-Gutscheine gewährte, verurteilt – allerdings kam die Beschuldigte in diesem Fall mit einer Verwarnung davon. Auch das Berufsgericht Berlin hatte in einigen am 16. April ergangenen Urteilen mehrere Apotheker wegen der Werbung mit Rx-Gutscheinen verurteilt.

Die schriftliche Urteilsbegründung liegt noch nicht vor. Gegen das Urteil ist die Berufung an das Landesberufsgericht bei dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel möglich.


Berufsgericht für Heilberufe bei dem Verwaltungsgericht Gießen, Urteil vom 29. April 2013, Az.: 21 K 1887/11 


Kirsten Sucker-Sket