Automatische Produktaktualisierung

Versandapotheker dürfen auf Lauer-Taxe vertrauen

Hamburg - 15.04.2013, 17:07 Uhr


Versandapotheken, deren Sortiment sich automatisch entsprechend der in der Lauer-Taxe geführten Produkte aktualisiert, dürfen darauf vertrauen, dass diese Liste wettbewerbskonform ist. Das hat das Landgericht Hamburg entschieden. Haftbar seien die Betreiber erst dann, wenn sie trotz Kenntnis der fehlenden Verkehrsfähigkeit eines Produkts nicht unverzüglich reagierten.

Der beklagte Apotheker vertreibt über seine Versandapotheke neben Arzneimitteln auch Nahrungsergänzungsmittel und Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten). Dabei werden die Produkte, die in der Lauer-Taxe enthalten sind, automatisch in das Angebot übernommen. Schriftlich wurde er im April 2011 von der Klägerin, die über eine Internetseite Nahrungsergänzungsmittel und bilanzierte Diäten vertreibt, abgemahnt, weil sich in seinem Sortiment auch ein nicht verkehrsfähiges Produkt befand.

Die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung gab der Apotheker daraufhin ab. Die ebenfalls geforderten Anwaltskosten in Höhe von rund 1.000 Euro zahlte er jedoch nicht. Zu Recht, befand das Gericht, denn der Klägerin habe gar kein Unterlassungsanspruch zugestanden. Zwar dürfte der Vertrieb des Produkts gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften verstoßen, so die Richter. Allerdings waren nach Auffassung der Kammer vorliegend die von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze zur eBay-Störerhaftung zu übertragen.

Betreiber von Versandapotheken, die gegenüber Präsenzapotheken konkurrenzfähig sein wollten, seien gehalten, auf ein Verkaufssystem zurückzugreifen, durch das das gesamte Großhandelssortiment in das Verkaufsangebot aufgenommen werde, so die Richter. Ihnen könnte jedoch nicht zugemutet werden, sämtliche in der sich regelmäßig aktualisierenden „Lauerliste“ geführten Produkte auf ihre Wettbewerbskonformität hin zu überprüfen. Insoweit sei es gerechtfertigt, erst bei Verletzung einer Prüfpflicht eine Haftbarkeit anzunehmen – jedenfalls solange keine weiteren Informationen hinzugefügt werden.

Eine Haftung ist nach den Ausführungen des Gerichts erst dann anzunehmen, wenn der Apotheker vor der Abmahnung von der fehlenden Verkehrsfähigkeit des Produkts gewusst und sich ihm das Vorliegen einer Rechtsverletzung aufgedrängt hat oder er hierauf hingewiesen wurde und nicht unverzüglich reagiert hat. Dies sei vorliegend nicht der Fall gewesen.

Zufrieden reagierte auf diese Entscheidung Rechtsanwalt Moritz Diekmann, der den beklagten Apotheker vor dem Landgericht Hamburg vertreten hatte: Bislang habe ein Apotheker, der die von der IFA-GmbH bereitgestellten Produktdatensätze in sein Angebotssystem einspiele, als Täter einer Wettbewerbs- oder Markenverletzung gehaftet, obwohl es ihm praktisch unmöglich sei, die unzähligen Produkte auf mögliche Rechtsverletzungen zu prüfen. „Das Landgericht Hamburg hat nun zutreffend erkannt, dass eine Abmahnung unberechtigt ist.“

Landgericht Hamburg, Urteil vom 11. April 2013, Az. 312 O 284/11


Juliane Ziegler


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