Oberverwaltungsgericht Münster

Patienten dürfen Cannabis zur Selbsttherapie anbauen

Münster - 21.12.2012, 11:41 Uhr


Schwerkranke Bundesbürger dürfen unter strengen Voraussetzungen Cannabis zuhause selbst anbauen. Dies stellte das Oberverwaltungsgericht Münster in einem Urteil vom 7. Dezember 2012 fest. Die Begründung wurde nun nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin veröffentlicht.

Patienten, für deren Erkrankungen keine anderen und zumutbaren Therapien zur Verfügung stehen, jedoch von Cannabisprodukten medizinisch profitieren, können einen Antrag an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn stellen, damit sie im Rahmen einer ärztlich begleiteten und überwachten Selbsttherapie Cannabispflanzen in ihrer Wohnung anbauen dürfen. Bislang wurden solche Anträge auf Anweisung des Bundesgesundheitsministeriums grundsätzlich abgelehnt. Diese Praxis ist aber rechtswidrig, erklärte das Gericht.

Patienten, deren Krankenkassen die Kosten einer Therapie mit cannabinoidhaltigen Medikamenten übernehmen, haben allerdings keinen Anspruch auf eine Genehmigung zum Eigenanbau. Dies stellte das Gericht im konkreten Fall bei einem an Multipler Sklerose erkrankten Kläger fest und gab in diesem konkreten Einzelfall der beklagten Bundesrepublik Deutschland  recht, die die Erlaubnis zum Eigenanbau hier verweigert hatte. Der Kläger habe bisher nicht überzeugend darlegen können, dass das von seiner Krankenkasse bezahlte Medikament Dronabinol bei ihm nicht die gleiche medizinische Wirkung, wie der von ihm selbst angebaute Cannabis habe.

Die Argumente der Bundesopiumstelle gegen eine grundsätzliche Erteilung einer Genehmigung für den Eigenanbau durch Patienten wurden vom Gericht jedoch vollständig zurückgewiesen.  Das Urteil stellt klar: „Fehlt aber eine erschwingliche Behandlungsalternative, kommt die – im Ermessen des BfArM stehende – Erteilung einer Erlaubnis für den Eigenanbau von Cannabis in Betracht.“ Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte könne beim Eigenanbau zu therapeutischen Zwecken von den Antragstellern keine Sicherungsmaßnahmen gegen eine Entwendung verlangen, wie sie von pharmazeutischen Unternehmen gefordert wird. Die Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes wie auch die internationalen Suchtstoffübereinkommen müssten so ausgelegt werden, dass die Erteilung einer Erlaubnis an Privatpersonen möglich ist.

Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts ist noch nicht rechtskräftig (OVG NRW 13 A 414/11).


Lothar Klein


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